#derjobdeineslebens

… und die ganze Welt sieht dir dabei zu. Die Mobilitätswende rückt unter der Dringlichkeit der menschengemachten Klimakrise insbesondere ein Verkehrsmittel in den Fokus – die Bahn. Außerdem: die Menschen, die uns das Bahnfahren ermöglichen. In einem Interview mit Lukas, der sich am Ende seiner Ausbildung zum Lokführer bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) befindet, konnten wir einen Blick hinter die Kulissen seiner Arbeit werfen. Max, der als Triebfahrzeugführer bei der S-Bahn in München tätig ist, gibt uns ebenfalls Einblicke in seinen Traumberuf. Die beiden sprechen nicht nur über ihren Arbeitsalltag, sondern auch über Wünsche, Herausforderungen und die Zukunft der Bahn.

Steffi: Schön, dass ihr euch die Zeit genommen habt. Lukas, aktuell bist du in den letzten Zügen deiner Ausbildung bei den ÖBB als Lokführer. Könntest du mir vielleicht zuerst mal einen kleinen Überblick über die Arbeit geben. Wie sehen beispielsweise dein Arbeitsalltag und -umfeld und auch die -zeiten aus?

Lukas: Fangen wir doch mal bei Letzteren, also den Arbeitszeiten an. Das ist durchaus ein großer Punkt bei der Arbeit bei den Österreichischen Bundesbahnen, da die Arbeitszeiten nicht einheitlich geregelt sind. Bereits bei der Ausbildung sind die Zeiten recht flexibel, doch nach dem Abschluss dann umso mehr. Somit sehen die Schichten jeden Tag unterschiedlich aus, was natürlich auch Vorteile mit sich bringt. Besonders schätze ich die Kolleg:innen bei der Bahn, denn es herrscht keine strikte Hierarchie, sodass man von jedem auf Augenhöhe behandelt wird und auch mit jedem per „Du“ ist. Während der Arbeit ist man aber, sobald die Ausbildung abgeschlossen ist, ohnehin meistens für sich, sodass man sich vollkommen konzentrieren kann. Im Endeffekt variiert auch der Arbeitsalltag immer ein wenig, denn insgesamt sind die Schichten meist zwischen 10 und 12 Stunden lang. Davon sind jedoch häufig etwa drei Stunden Pause, in denen ich mich dann auch gern nochmal ins Bett lege.  

Steffi: Was gefällt dir, Max, bei der Arbeit bei der S-Bahn München denn besonders gut?

Max: Also, ich bin seit September 2019 bei der S-Bahn München und seit Mai 2022 darf ich alleine fahren. Das Fahren an sich ist sowieso schon mit das Schönste, wenn man Richtung Alpen fährt, Starnberger See und natürlich unsere Heimatlinie zur Kreuzstraße. Für die Fahrgäste mache ich gerne persönliche Ansagen und generell gefällt mir der Kundenkontakt, den man hier mehr hat als zum Beispiel beim Fernverkehr als Lokführer:in. Die Kolleg:innen sind super, man kann sich größtenteils aussuchen, zu welchen Zeiten man arbeiten möchte und spontan tauschen geht bei entsprechender Kapazität auch oft. Ich bin hauptsächlich in der Spätschicht unterwegs, weil ich nicht gerne früh aufstehe und eher ein Nachtmensch bin. S2, S4 und S7 sind meine Lieblingslinien.

Steffi: Stellst du, Lukas, in deinem Berufsfeld einen Unterschied bei der Mitarbeiter:innenanzahl von Frauen und Männern fest?

Lukas: Auf jeden Fall. Insbesondere bei uns Lokführer:innen fällt mir auf, dass es doch noch ein existierendes Rollenbild gibt. Schätzungsweise sind es lediglich um die 10-15% Frauen, also sind wir doch deutlich mehr Männer in unserem Beruf. In meiner Ausbildungsklasse sind wir österreichweit aktuell 19 Personen, von denen 4 Frauen sind. Also ja, da gibt es doch einen Unterschied.

Steffi: Was waren denn die ausschlaggebenden Gründe, weshalb du dich für die Ausbildung und weiter für den Beruf bei den Österreichischen Bundesbahnen entschieden hast?

Lukas: Um ehrlich zu sein, habe ich nicht unbedingt langfristig geplant, sondern bin einfach generell sehr begeistert von Fahrzeugen. Natürlich hat letztendlich auch der Punkt der Nachhaltigkeit eine große Rolle gespielt, da ich so einen Beitrag für den Klimaschutz leisten kann.

Steffi: Hast du das Gefühl, dass die Bahn in Österreich von der Politik ausreichend gefördert wird?

Lukas: Ich denke schon, vor allem wenn man einen Blick auf aktuelle Großbauprojekte wie den Brennerbasistunnel, die Neubaustrecke in Graz oder die Modernisierungsarbeiten bei der Semmeringbahn wirft. Aber auch die Elektrifizierung bis 2030 ist natürlich ein großartiger Fortschritt. Da sehe ich Österreich durchaus als Vorreiter, woran sich auch andere Länder orientieren können. Auch im Personalbereich passiert gerade viel, da für die neue Ausbildungswelle viele neue Fachkräfte angeworben werden, um den steigenden Bedarf zu decken. 

Steffi: Gibt es Aspekte, die deiner Meinung nach noch verändert werden müssten, damit noch mehr Menschen auf die Bahn als Standardtransportmittel in Österreich umsteigen?

Lukas: Schon durch das Klimaticket wurde in dem Bereich ein toller Anreiz geschaffen, der es vielen Menschen finanziell extrem erleichtert, die Bahn ohne Umstände zu nutzen. Abgesehen davon kann ich aber gerade an nichts Konkretes denken, da die Strecken wirklich gut ausgebaut sind. Inzwischen reichen die Verbindungen auch in viele kleinere Dörfer. Natürlich wäre es manchmal noch angenehmer für die Fahrgäste, wenn die Züge in einem engeren Zeittakt fahren würden. Dabei darf man aber den wirtschaftlichen Aspekt nicht vergessen, da es sich schlicht und ergreifend nicht lohnt, den Zug für eine ganz geringe Anzahl an Personen fahren zu lassen. 

Bustür, Bahntür und Tramtür, das Klimaticket öffnet sie dir alle! Doch das ist nur ein Aspekt von vielen, die den ÖPNV in Österreich attraktiv machen. Sogar für Bergsport. – © Thomas Obermair

Steffi: Wo entdeckst du, Max, noch Potenzial für die S-Bahn München?

Max: Bei der S-Bahn tut sich derzeit ja schon richtig viel. Das merke ich auch als Lokführer, beispielsweise an unserer modernisierten Flotte. Aber es wird auch überall gebaut. Das finde ich besonders gut, da ein Ausbau der Infrastruktur bei der S-Bahn für weniger Verspätungen sorgt – auch in den Außenbereichen. Ich persönlich habe den Eindruck, dass in letzter Zeit wieder häufiger Personen im Gleisbereich unterwegs sind. Auch das führt natürlich zu unnötigen Verspätungen, und das oft nur, weil Menschen Abkürzungen nehmen, pinkeln oder einfach auf den Gleisen spazieren gehen wollen und sich dabei in Lebensgefahr begeben.

Steffi: Siehst du ansonsten noch zu behebende Probleme bei der Bahn, mit denen du vielleicht auch von Fahrgästen konfrontiert wirst, Lukas?

Lukas: Mit Problemen konfrontiert werde ich eher selten, da ich mich hauptsächlich vorne in meiner Kabine abgetrennt von den Fahrgästen aufhalte. Natürlich klopft ab und an jemand an die Scheibe, um zu fragen, wann wir losfahren. Zwar ist die Pünktlichkeit der Bahn immer wieder im Gespräch, aber da stecken auch häufig Faktoren wie Defekte oder Personenschäden dahinter, die auch für uns unvorhersehbar sind. Dementsprechend habe ich das Gefühl, dass die Österreichischen Bundesbahnen da wortwörtlich einen guten Weg fahren.

Steffi: Wie können denn wir als Fahrgäste die Arbeit bei der Bahn erleichtern?

Lukas: Ich persönlich bin immer sehr zufrieden mit allen Fahrgästen. Da wäre nur ein ganz kleiner Tipp: Am besten immer alle Türen benutzen!

Max: Ach, da gibt es eigentlich gar nicht so viel, was noch verbessert werden kann. 95% der Fahrgäste sind echt super. Manchmal denke ich mir, dass ein bisschen mehr Eigenständigkeit wünschenswert wäre. Wir sind natürlich immer gerne Ansprechpartner:in für unsere Fahrgäste, aber viele Infos lassen sich leicht googlen, in der App nachschauen oder auf der Bahnsteiganzeige nachvollziehen. Beim dichten Takt der S-Bahnen dient zügiges Ein- und Aussteigen der Pünktlichkeit, vor allem sollten nicht 20 Leute an einer Tür stehen. Und die größte Bitte wäre wirklich, dass man niemals über die Gleise läuft. Das ist lebensgefährlich und davon hat niemand etwas. 

Steffi: Habt ihr bestimmte Wünsche an die Fahrgäste und die Politik für die Zukunft?

Lukas: Am meisten freue ich mich, wenn noch mehr Menschen mit der Bahn fahren und auch von der Politik dafür begeistert werden. Doch alles in allem bin ich wunschlos glücklich.

Max: Ich schließe mich Lukas an und freue mich über alles, was dazu beiträgt, dass mehr Menschen Bahn fahren. Also beispielsweise auch der Ausbau der Infrastruktur und bessere Angebote für die Fahrgäste. 

Steffi: Hast du, Max, noch ein paar abschließende Worte für uns?

Max: Mit meiner Arbeit bei der S-Bahn München bin ich so zufrieden, dass ich an manchen freien Tagen sogar anrufe und frage, ob noch Spätschichten offen sind… Wie oft zu lesen bei: #derjobdeineslebensundganzmünchensiehtdirdabeizu auf Instagram!

Spaß an der Arbeit – Fehlanzeige? Nicht bei Max, der sogar Extraschichten als Triebfahrzeugführer einlegt, wenn er gerade genug Zeit hat. – © Max Hafner

Steffi: Nun hätte ich noch eine letzte Frage an dich, Lukas, die vielleicht insbesondere in Innsbruck von Bedeutung ist. Könntest du uns noch Tipps mit auf den Weg geben, wie man am besten mit Sperrgepäck wie Skiern, Kinderwägen und Ähnlichem umgeht?

Lukas: Besonders in den Hauptverkehrszeiten kann man vor allem mit Skiern natürlich Rücksicht auf andere Fahrgäste nehmen und schon im Vorhinein zeitlich so planen, dass man nicht unbedingt in die Rushhour gerät. Mit Kinderwägen ist das selbstverständlich wieder ein anderes Thema. Generell wird dieses Problem aber auch von der Bahn berücksichtigt, sodass unsere neuen Züge teils Halterungen für Skier bieten. Im nächsten Jahr können sich vor allem Ski- und Snowboardfahrer:innen, aber auch alle anderen Fahrgäste dann auf mehr Platz in den Zügen freuen!

Steffi: Vielen Dank für diese Einblicke in eure Traumjobs und natürlich insbesondere für euren Beitrag zur Mobilitätswende! 

Titelbild: © TVB Wipptal

Author: Stefanie Günther