Erweiterungen von Skigebieten – Gibt es Grenzen? Teil 1

„Es gibt in allen Bundesländern schon lange ein politisches Commitment, dass es keine neuen Skigebiete gibt“, verkündete vor einigen Wochen  der Obmann der österreichischen Seilbahnen, Franz Hörl (Der Standard, 2022). Es stimmt, es werden kaum mehr neue Skigebiete eröffnet. Das immerwährende Wachstum findet innerhalb der Skigebiete statt. Der folgende Zweiteiler gibt einen Einblick in die historische Entwicklung von Skigebieten und die Rahmenbedingungen zur Erweiterung.

Die aktuelle Situation in der Seilbahnwirtschaft ist von jährlichen Investitionen in Millionenhöhe geprägt. Im Sommer 2018 wurden im Bundesland Salzburg über 200 Millionen Euro in die Skigebiete investiert, circa die Hälfte davon wird dafür benötigt, um den Ist-Zustand (ORF, 2018), sprich 561 Seilbahnen, Sessel- und Schlepplifte (Filipp, 2019), sowie 119 Speicherteiche (Filipp, 2019) für Beschneiungsanlagen und 1.909 Pistenkilometer (Ringler, 2016/17), zu erhalten.

Wintertourismus als Wertschöpfungsquelle

Der Wirtschaftsfaktor und die Bedeutung für die einzelnen Regionen sind immens. Ohne die Seilbahn- und Tourismuswirtschaft wären viele Alpentäler heute nicht bewohnt, da es an Arbeitsplätzen und somit an Lebensgrundlagen fehlen würde. Nimmt jedoch die Anzahl an Seilbahnen und Abfahrten zu, steigt die Beförderungskapazität und somit die Anzahl der Gäste, welche wiederum Beherbergungsbetriebe und weitere Infra- und Suprastrukturen (Einrichtungen zur Befriedigung der touristischen Basisbedürfnisse – Essen, Trinken, Schlafen, Information -, d.h. also Hotellerie und Gastronomie, Tourismusverbände, Reisebüros etc.) benötigen (Tirol Tourism Research). Diese Erweiterungen treiben sich gegenseitig in die Höhe, auch Betten-Pistel-Kreisel genannt. Die Verbauung von Alpentälern sowie Nutzungskonflikte nehmen zu und es werden höhere und ökologisch sensiblere Gebiete erschlossen.

Mit über 1,5 Millionen Nächtigungen in Saalbach-Hinterglemm in der Wintersaison 2018/2019 zählt der Ort zu den nächtigungsstärksten Orten Österreichs, wobei die Bettenauslastung bei 47,6 % liegt (Filipp, 2019). Die Bettenauslastung lässt darauf schließen, dass im Tourismus über das Jahr verteilt noch großes Potenzial zur Steigerung der Bettenauslastung und der damit verbundenen Wertschöpfung besteht. Dieses Potenzial lässt sich in Abbildung 1 gut erkennen, wo die Auslastung und Verteilung über die Monate der Wintersaison dargestellt werden. Vor allem in den Zeiten abseits der Hauptsaison sind theoretisch noch ausreichend Kapazitäten bei den Seilbahnen und Beherbergungsbetrieben vorhanden.

Abb. 1: Daten zur Auslastung der Beherbergungsbetriebe in Salzburg in der Wintersaison 2018/19 zwischen November 2018 und April 2019; Quellen: Amt der Salzburger Landesregierung (2019), Die endgültige Wintersaison 2018/19 im Überblick, Salzburg, S. 1.

Die Nächtigungszahlen und die damit verbundene Bettenauslastung, die jährlichen Investitionen der Seilbahngesellschaften sowie die Skier Days (Ersteintritt einer Person in einer Seilbahn eines Tages) sind nur einige, wenige Kennzahlen dieser Branche, die zur Erklärung der Ausgangslage betrachtet wurden. Für eine umfassende Analyse könnten die Wertschöpfung in den Tourismusgemeinden (direkt und indirekt) oder die damit verbundenen Arbeitsplätze herangezogen werden.

Geschichtliche Entwicklung

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es die ersten Entwicklungen des Skilaufs in Österreich. Die anfänglichen Formen des Abfahrtsskilaufs und die Errichtung vereinzelter Schlepplifte und Seilbahnen in Österreich erfolgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Walter, 2015). Österreichs erste Seilschwebebahn wurde 1926 auf der Rax (NÖ) eröffnet und der erste Schlepplift ging 1936 in Ebensee in Betrieb (BMK, 2020, online).

Während der beiden Weltkriege war der Skisport zur Gestaltung der Freizeit nicht relevant. Mit dem Wiederaufbau Ende der 1950er, Anfang der 1960er und dem Beginn des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Zunahme des Wohlstandes wurde Skifahren zum Massensport und somit war der Start der großflächigen Erschließungen eingeläutet. Durch die große Nachfrage wurden zahlreiche Pisten, Seilbahnen, Infrastrukturanlagen, unter anderem auf Gletschern, gebaut, wobei der Schutz der Umwelt und Landschaft anfangs zweitrangig war. Da in den 1970ern die ersten Stagnationen bei den Urlaubsgästen zu sehen waren, wurde stärker auf den Tagestourismus gesetzt, was zu einer wesentlichen Erhöhung der Verkehrsbelastung in den Tälern führte. Debatten im Naturschutz, bei denen der Österreichische Alpenverein federführend war, entstanden in den 1980ern (Schmid, 2005). Ab 1989 kam es durch das Hinterfragen dieser Erschließungen durch den Naturschutz, sowie durch die hohe Erschließungsdichte, immer mehr zu einer Stagnation bei den Erweiterungen und der Fokus wurde auf die Verbesserung der bestehenden Anlagen hinsichtlich der Beförderungskapazitäten und des Komforts gelegt (Gleirscher, 2015).

Soldaten im Skikurs um 1940. – © Österreichische Nationalbibliothek via unsplash

Mit diesen erhöhten Transportkapazitäten stiegen auch die Zahl der Gäste und die Auslastung der Pisten, somit war der Naturschnee nicht mehr ausreichend und Ende der 1980er entstanden die ersten Beschneiungsanlagen. Anfangs dienten diese zur Sicherung der Befahrbarkeit von Pisten an neuralgischen Punkten. Heute hingegen können 90 % der Salzburger Pisten vollbeschneit werden, so Veronika Scheffer, Obfrau der Salzburger Seilbahnen im Interview mit Salzburg24 (Winkler, 2020). Ab den 1990ern und Anfang der 2000er kam es zu zahlreichen Ersatzbauten und Modernisierungen. Auch die Erlebnisorientierung und Inszenierung wurden stärker in den Fokus gerückt: Funparks, Rennstrecken, Kindererlebniswelten, Konzerte und ähnliche Events wurden zu Attraktionen für Jung und Alt. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, veränderte sich die Zahl der Ersteintritte trotzdem nicht wesentlich.

Entwicklung der skitouristischen Transportkapazität (Pers/hxHm) in Österreich zwischen 1979/80 und 2002/03

1979/80 1989/901999/20002002/03
Burgenland90 14063 67552 87552 875
Kärnten32 608 96653 041 64070 974 47972 327 811
Niederösterreich21 323 94321 894 54920 558 56620 586 837
Oberösterreich21 954 74028 490 31828 834 50828 057 643
Salzburg107 833 353167 736 703200 702 074220 966 072
Steiermark53 437 21066 741 54576 433 79478 374 757
Tirol172 666 112295 250 078381 252 269409 886 728
Vorarlberg54 217 28177 516 23990 963 74993 514 749
Wien90 544100 69694 82484 672
Österreich464 222 289710 835 443869 867 138923 852 144
Entwicklung der skitouristischen Transportkapazität (Pers/hxHm) in Österreich zwischen 1979/80 und 2002/03. Quellen: Haßlacher, P. (2006) nach ITR, ÖIR, BMVIT in: Trends weiterer Erschließung von Schigebieten im Alpenraum, Jahrbuch des Vereins zum Schutz der Bergwelt, 71. Jahrgang 2006, München, S. 97; eigene Darstellung.

In den abgebildeten 23 Jahren hat sich die Transportkapazität (= Personen pro Stunde mal überwundene Höhenmeter der einzelnen Anlagen) im Bundesland Salzburg mit einem Plus von 105%, neben Tirol und Kärnten, mehr als verdoppelt (Haßlacher, 2006). Laut Umwelthistoriker Robert Groß (im Interview mit Daum, 2020) hat die wachsende Seilbahnindustrie zu diesen großen Investitionen maßgeblich beigetragen.

Die Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, dass der Trend in Richtung Zusammenlegung bestehender Schigebiete zu Großskiräumen geht und die Neuerschließungen von Bergen aktuell kein Thema sind, wobei Zahlen zu den Zusammenschlüssen schwer zu finden sind. Bei den Seefelder Tourismusgesprächen im September 2019 sprach der Geograph Werner Bätzing von 30 Skigebietszusammenschlüssen in den vergangenen 18 Jahren in den Alpen. Davon sollen 18 Fusionen in Österreich stattgefunden haben. Grund dafür sind vor allem der Wettbewerb und die damit verbundenen Marketingstrategien um das größte Schigebiet Österreichs (Schrahe 2017 zit. nach Bätzing, 2019).

Ulrike Pröbstl-Haider, Professorin für Landschaftsentwicklung und Naturschutz (im Interview mit Löffler, 2016), gibt dabei zu bedenken, dass es durch Zusammenschlüsse und den Ausbau von Schigebieten lediglich zur Umverteilung der Gäste kommt, jedoch kein neues Zielpublikum angesprochen wird, da der Markt gesättigt ist. Robert Steiger,  Tourismusforscher am Institut für Finanzwissenschaften der Universität Innsbruck und Mitglied der POW Science Alliance, sieht den Grund für Zusammenschlüsse vor allem in den sinkenden Kosten durch Synergieeffekte und in den gesteigerten Vermarktungschancen in diversen Skiportalen (Strobl, 2019).

Mit den voranschreitenden Zusammenschlüssen steigt die Abhängigkeit von internationalen Absatzmärkten wie Asien etc., wobei die Nachfrage hier aktuell noch relativ gering ist. Weiters schreitet der Rückgang der heimischen Skifahrer:innen weiter voran, was teilweise mit der zunehmenden Schließungen von Kleinstskigebieten und den damit verbundenen Bezug zum Schisport sowie den Änderungen im Freizeitverhalten zusammenhängt (Abegg et al. 2016).

Mit den voranschreitenden Zusammenschlüssen steigt die Abhängigkeit von internationalen Absatzmärkten wie Asien etc., wobei die Nachfrage hier aktuell noch relativ gering ist. Weiters schreitet der Rückgang der heimischen Skifahrer:innen voran, was teilweise mit der zunehmenden Schließungen von Kleinstskigebieten und den damit verbundenen Bezug zum Schisport sowie den Änderungen im Freizeitverhalten zusammenhängt (Abegg et al. 2016).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Skigebiete zunehmend in höhere Regionen entwickeln, um die Schneesicherheit gewährleisten zu können. Mittels Großraumzusammenschlüssen wird versucht, neues (internationales) Publikum anzuziehen, um attraktiv und somit konkurrenzfähig zu bleiben. Wie die Rahmenbedingungen dafür aussehen, könnt ihr in Teil 2 nachlesen.

Anmerkung: Dieser Artikel ist Auszug einer Bachelorarbeit aus dem Jahr 2020. Die Daten und Fakten beziehen sich dementsprechend auf das Jahr der Entstehung. Der Fokus der Arbeit lag auf einem Fallbeispiel in Salzburg. Weiters sind die letzten beiden Saisonen aufgrund der Covid-Einschränkungen nicht repräsentativ.

Titelbild – © Jamo images via unsplash

Weiterführende Informationen und Referenzen

Author: Sophie Hofbauer