POW-Award: Mikroplastik im Hochgebirge

Ein aktuelles Thema trifft seinen Höhepunkt – der Klimawandel und dessen Auswirkung auf heimische Ökosysteme. Eines der sensibelsten Ökosysteme – der Gletscher – wird durch die Folgen der Erderwärmung, Verschmutzung und Übernutzung zerstört. Die Problematik der Kontamination der Gletscheroberflächen wird im Zuge der Diplomarbeit „Mikroplastik im Hochgebirge“ behandelt. Um einen Vergleich touristisch vs. nicht touristisch herstellen zu können, wurden 2 Untersuchungsgebiete herangezogen, zum einen der Stubaier Gletscher als stark genutztes Gebiet und zum anderen der Jamtalferner als naturbelassene Gletscheroberflächen.

Wie steht es um unsere Gletscher?

Die Diplomarbeit sollte im ersten Sinne auf die Verschmutzung und Abnutzung der Gletscher aufmerksam machen. Durch fehlende Studien und wissenschaftliche Festlegungen, die die Problematik aufgreifen sollten, geraten die Gletscheroberflächen in Vergessenheit. Das Projektteam versucht dadurch, mit dieser Arbeit andere Menschen zu animieren und vor allem aufzurufen, in naher Zukunft eine Veränderung anzustreben. Durch den aktuell heiß diskutierten Klimawandel wird sich aus dieser wissenschaftlichen Arbeit erhofft, dass sie Einwirkungen auf die zukünftigen Entscheidungen rund um das Thema Naturschutz hat. Zur Verhinderung der Gletscherschmelze wurden in den letzten Jahren bis dato heute Geotextilien (= Gletschervliese) auf den Gletscheroberflächen ausgebreitet. Nun ist es jedoch soweit, dass sich die Vliese aufgrund der längeren Anwendung auflösen. Die Vliese bestehen aus der Polymerzusammensetzung Polypropylen und werden durch den Abfluss des Gletschers vertragen. Eine Alternative zu diesen PP-Vliesen seien zellulosebasierte Vliese, die jedoch noch in Entwicklung sind. Mit den Ergebnissen der Diplomarbeit ist zu sagen, dass beim Weg zur Erhaltung der Gletscher Änderungen vorgenommen werden müssen.

Gletscherschmelze am Stubaier Gletscher. – © Anna Rigler

Erarbeiten vertretbarer Ergebnisse

Die Beprobung unterschiedlicher Stationen auf den Gletschergebieten an verschiedenen Standorten und Höhenlagen verdeutlicht den Vertrag der Kontamination. Speziell die im Bach lebenden Insektenlarven, das Sediment sowie das Wasser aus dem Gletscherbach wurde untersucht.

Um die Verschmutzung des Gletscherbaches analysieren zu können, wurden diverse Beprobungen mittels Siebs durchgeführt. Die Analyse der Proben erfolgt im Labor mittels Mikroskops, wobei das Sediment mit der Methodik „Schwimm-Sink-Verfahren“ getrennt wird. Zudem werden nicht nur die Außenhüllen des Makrozoobenthos auf Partikel untersucht, sondern sie werden verdaut. Bei einem enzymatischen Verdau werden die Insektenlarven „aufgelöst“. So wird analysiert, ob die Lebewesen die Polymere als „Nahrung“ aufnehmen und diese verdauen. Das gefundene Mikro- und Makroplastik, welches auf den Gletscheroberflächen gesammelt wurde, wird mit mehreren Laborgeräten qualifiziert, die durch das Institut für Ökologie der Universität Innsbruck bereitgestellt wurden.

Polypropylenvlies am Stubaier Gletscher. – © Anna Rigler

Die Erkenntnisse

Im Sediment des Stubaier Gletschers wurden zahlreiche Mikroplastikpartikel nachgewiesen, unter anderem Fasern des Vlieses und Kunststoffe wie Polypropylen, Polyethylen und Polyamid. Zudem lässt sich auch eine hohe Kontamination an Fasern im Gletscherbach nachweisen, wobei die Verschmutzung nicht nur beim Mikroplastik bleibt, sondern auch Kunststoffmüll gefunden werden kann.

Die im Fernaubach, dem Abfluss des Stubaier Gletschers, gefundenen Insektenlarven wiesen teilweise eine Betroffenheit durch das Mikroplastik auf, wobei einige ganz in ihrer Bewegung oder Nahrungsaufnahme eingeschränkt sind. Im Gegensatz dazu wurden keinerlei Verschmutzungen am Jamtalfernen nachgewiesen.

Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass der touristische Gletscher (Stubaier) einen höheren Verschmutzungsgrad aufweist als der naturbelassene Gletscher (Jamtalferner). Im Einzelfall werden außergewöhnlichen Polymerzusammensetzungen vorgefunden, dazu zählen PUR und Methacrylate (PMMA)

Qualifizierte Kunststoffarten in Abhängigkeit ihrer Herkunft. – © Anna Rigler

Die Ergebnisse der Diplomarbeit erzielen eine klare Feststellung: Die touristischen Gletscheroberflächen weisen eine starke Verschmutzung von Mikro- und Makroplastik auf. Durch die natürliche und anthropogene Vertragung der Partikel wird ersichtlich, dass es kaum einen Ort gibt, wo Mikroplastik nicht vorkommen kann. Weshalb sich Mikroplastikpartikel, an einem Extremstandort in 3000 m Höhe befindet, ist unklar. Schadstoffe, wie Bakterien, Pilze oder Pestizide, können sich auf einem Biofilm am Kunststoffpartikel anlagern und über die Luft verbreitet werden. Dies wäre eine plausible Erklärung für manche Funde.

Fazit und Entwicklungsmöglichkeiten

Es stellt sich auch die Frage, ob der Tourismus so viel wert ist, dass die heimischen Ökosysteme zerstört werden. Diese beiden Bereiche sind schwer für die österreichische Wirtschaft kompatibel, da der Skitourismus eine Haupteinnahmequellen in der Wintersaison ist. Eine ideale Balance wäre die Lösung auf lange Zeit.

Mit der angewendeten Methodenzusammensetzung kann künftig klar eine Aussage über die Konzentration und Auswirkung von Mikroplastik auf Gletscher getroffen werden. Mit dem Projekt werden der Gesellschaft nachvollziehbare Fakten zu den genannten Problematiken geliefert, die Umweltverschmutzung in der „unberührtesten Natur“ verursacht durch den Winter- sowie Sommertourismus wird dargestellt. „Mikroplastik im Hochgebirge“ ist ein Projekt, welches Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit anregt, um einen Schritt in Richtung Klima- sowie Umweltschutz zu gehen.

Teresa Niederndorfer und Anna Rigler am Stubaier Gletscher.

Author: Teresa Niederndorfer und Anna Rigler