Nachhaltigkeit am Berg II – Ein Vergleich von einem Tag im Skigebiet und einer Tour im freien Gelände

Den Spagat zwischen den drei Säulen der Nachhaltigkeit im Wintersport zu finden ist oft ein Balanceakt. Ein umweltschonendes und zugleich wirtschaftlich attraktives Wintersportangebot zu bieten, das auch die lokale Bevölkerung miteinbezieht und profitieren lässt, ist zwar keine einfache, aber notwendige Sache.

Besonders in den Bergen lebt der Tourismus von der Natur. Diese stellt meist den Rahmen für touristische Aktivitäten zur Verfügung. Diesen Rahmen so touristisch zu nutzen, dass dies noch lange getan werden kann, ist die Grundlage der ökologischen Säule. Dass sich die touristischen Aktivitäten für jene, die sie anbieten, genauso wie für jene, die sie nutzen, auszahlen, dafür sorgt die ökonomische Säule. Die einheimische Gesellschaft und Kultur wird durch die soziale Säule miteinbezogen.
Wie sich die drei Säulen der Nachhaltigkeit auf unsere Zeit am Berg anwenden lassen, wurde im ersten Teil dieses Berichtes genauer betrachtet. Welche Bereiche unsere persönliche Nachhaltigkeitsbilanz an einem Skitag im gesicherten Skigebiet und welche an einem Tourentag im freien Gelände beeinflussen, damit befasst sich dieser Teil des Berichtes. Selbstverständlich ist ein Tag am Berg oft beides: Mit dem Lift rauf und im freien Gelände im Tiefschnee runter. Es geht hier nicht darum, einen Gewinner bezüglich der Nachhaltigkeit zu krönen, sondern die einzelnen Bereiche, welche die Nachhaltigkeit unseres Handelns am Berg beeinflussen, kritisch zu betrachten.

In der folgenden Tabelle werden Bereiche, welche bei einem Tag am Berg Entscheidungen bezüglich ihrer Nachhaltigkeit aufgelistet und den drei Säulen der Nachhaltigkeit zugeordnet. Ein ‚X‘ kennzeichnet die nachhaltigere Variante.

Gegenüberstellung der Nachhaltigkeit eines Tages im Skigebiet und eines Tourentages im freien Gelände anhand der drei Säulen der Nachhaltigkeit (Copyright: Antonia Siebenbrunner, POW AT)

Bei jedem der in der Tabelle angeführten Bereiche gibt es noch zahlreiche weitere Fragen, die sich stellen. Es wird angenommen, dass etwa im Bereich „Verpflegung“ der Tourentag der nachhaltigere ist, weil hier die Jause wahrscheinlich selbst mitgenommen wird und somit auf die Nachhaltigkeit dieser wesentlich mehr Einfluss ausgeübt werden kann, als wenn in einer Skihütte bestellt wird. Der Konsum in einer Skihütte wiederum kann die lokale Wertschöpfung sowie lokale Arbeitsplätze fördern. Hier wird die Entscheidung der Nachhaltigkeit auf die Hüttenbetreiber abgegeben. Dieser Punkt soll verdeutlichen, welche Auswirkungen persönliche Entscheidungen auf die einzelnen Bereiche der Tabelle haben.

Die Ökonomische Säule

Gegenüberstellung der Ökonomischen Säule (Copyright: Antonia Siebenbrunner, POW AT)

Wie bereits erwähnt, hängt die Nachhaltigkeit der Verpflegung während eines Skitages vom eigenen Konsumverhalten sowie von jenem der Hüttenbetreiber ab. Sich hier zu informieren und kritisch zu hinterfragen, ist bei beiden Varianten entscheidend.
Wenn man den Skitag, im Skigebiet oder außerhalb, mit professioneller Begleitung in Form von Ski- oder Snowboardlehrer*In oder Tourenführer*in verbringt, werden in jedem Fall lokales Wissen genutzt und somit Arbeitsplätze vor Ort gestärkt.
Die Kosten des Lifttickets werden in den meisten Fällen in die Erhaltung des Skigebietes sowie in die damit verbundenen Arbeitsplätze, die in den meisten Fällen lokal sind, investiert. Dieser Punkt fördert also die ökologische wie auch die soziale Säule der Nachhaltigkeit.

Die Ökologische Säule

Gegenüberstellung der Ökologischen Säule (Copyright: Antonia Siebenbrunner, POW AT)

Wie die Investitionen des Skigebiets die ökologische Säule beeinflussen, ist eine von der ökologischen und sozialen Säule separate, wenn auch nicht unabhängige Fragestellung. Woher kommt das Wasser, das für die Herstellung des Kunstschnees gebraucht wird? Wie wirkt sich die Kunstschneeproduktion auf den Boden und die Vegetation sowie der dadurch entstehende Lärm auf die Wildtiere aus? Wann wird mit der Herstellung des Kunstschnees begonnen – hier kommt das Stichwort der Saisonentzerrung zur Geltung. Wurde oder strebt das Skigebiet nach Erweiterungen, also mehr Pistenkilometern und neuen Liften? Wo kommt die Energie für die Lifte her und wie energieeffizient sind diese? All dies sind Fragen, die sich an einem Tourentag nicht stellen und somit diesen eindeutig nachhaltiger gestalten. Denn egal wie ressourcenschonend ein Skigebiet agiert, seine reine Anwesenheit verbraucht bereits Ressourcen.
Dafür ist ein Tag im Skigebiet in jedem Fall schonender für Wildtiere, da sich diese aus betriebsamen Gegenden zurückziehen in eben jene Gebiete, in denen wir uns während unserer Touren dann bewegen.
Eine öffentliche Anreise ist meistens in Skigebiete einfacher, doch auch Tourentage sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich, auch wenn dies oft mehr Planung benötigt. Auch eine Anreise mit dem eigenen PKW kann nachhaltiger gestaltet werden, indem man sich zusammentut oder Mitfahrgelegenheiten anbietet oder nutzt.
Die Müllentsorgung ist ein Punkt, der hier ebenso berücksichtigt werden muss. Diese gestaltet sich selbstverständlich bei einem Tourentag einfacher, da ich hier mehr Kontrolle über die Entstehung und Entsorgung habe. Generell gilt – pack it in, pack it out.

Die Soziale Säule

Gegenüberstellung der Sozialen Säule (Copyright: Antonia Siebenbrunner, POW AT)

Mit dem Kauf einer Liftkarte im Skigebiet werden, wie bereits bei der ökonomischen Säule erwähnt, lokale Arbeitsplätze unterstützt. Ebenso durch das Einkehren in lokal geführte Skihütten wie durch das Einkaufen in lokalen Geschäften, ob zur Verpflegung oder um sich neue Ausrüstung zuzulegen oder die Vorhandene zu pflegen. 

Die obenstehende Tabelle beweist, dass hier nicht eine Tagesgestaltung die nachhaltigere ist als die andere, sondern, dass viele einzelne Entscheidungen weitreichende Folgen auf die Nachhaltigkeit eines Tages am Berg haben. Die Tatsache, dass einige Bereiche nicht eindeutig einer Spalte zugeordnet werden können, unterstreicht die Komplexität des Begriffes der Nachhaltigkeit. Gleichzeitig wird dadurch verdeutlicht, welche Unterstützung Modelle, wie das Drei-Säulen-Modell, für Entscheidungen im Sinne dieser bringen können.
Abschließend lässt sich sagen, dass ein Tag am Berg, egal ob Sommer oder Winter, sich immer nachhaltig gestalten lässt, dies aber in erster Linie von unseren eigenen Entscheidungen davor und währenddessen abhängt.

Quellen:

  • Drei Säulen der nachhaltigen Tourismusentwicklung | Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus: https://www.bmlrt.gv.at/tourismus/tourismuspolitische-themen/nachhaltige-entwicklung/nachhaltige-entwicklung-im-tourismus.html
  • Drei Säulen Modell | Lexikon der Nachhaltigkeit: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/1_3_a_drei_saeulen_modell_1531.htm
  • Geschichte der Nachhaltigkeit – Vom Werden und Wirken eines beliebten Begriffes | Edmund A. Spindler im Lexikon der Nachhaltigkeit: https://www.nachhaltigkeit.info/media/1326279587phpeJPyvC.pdf
  • Kritische Beleuchtung der Drei Säulen Konzepte | Lexikon der Nachhaltigkeit: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/1_3_d_kritische_beleuchtung_der_drei_saeulen_konze_1542.htm
  • Nachhaltigkeit Definition | Lexikon der Nachhaltigkeit: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/definitionen_1382.htm
  • Nachhaltigkeit im Tourismus, Grundlagenpapier und Diskussionsgrundlage der Österreich Werbung | Austria Tourism, https://www.austriatourism.com/fileadmin/user_upload/Media_Library/Downloads/Marke/nachhaltigkeit_positionspapier.pdf
  • Our Common Future, Brundtland Report | United Nations: https://www.are.admin.ch/are/de/home/nachhaltige-entwicklung/internationale-zusammenarbeit/agenda2030/uno-_-meilensteine-zur-nachhaltigen-entwicklung/1987–brundtland-bericht.html
  • Stahlmann, V. (2008): Lernziel: Ökonomie der Nachhaltigkeit. Eine anwendungsorientierte Übersicht. München: oekom
  • Sustainable development | United Nations World Tourism Organisation: https://www.unwto.org/sustainable-development
  • Technische Beschneiung | Österreichischer Alpenverein: https://www.alpenverein.at/portal/natur-umwelt/alpine_raumordnung/beschneiung/index.php

Author: Verena Gruber