Meine erste Fahrt mit dem Nightjet

Meine Vorfreude auf die erste Fahrt mit dem Nightjet war groß  die Erwartungen für mich noch höher, da ich beruflich in der Mobilitätsbranche tätig bin. In Wien einsteigen, lesen, plaudern, schlafen und dann morgens in den Niederlanden aufwachen, frühstücken und frisch in den Tag starten. Diese Eisenbahnromantik hat sich leider nicht bewahrheitet, aber lest selbst.

Buchen und Planen

Das Ziel von einer Freundin und mir stand fest: wir wollten meine Schwester in den Niederlanden besuchen, weil sie dort auf Erasmus ist. Von Anfang an war klar, dass wir diese Reise mit dem Zug machen würden. Durch die relativ neue Direktverbindung Wien – Amsterdam entschieden wir uns für den Nightjet. Bei einem studentischen Budget überlegt man sich zwar zweimal, ob man nicht die günstigste Variante, den Sitzwagen, nimmt, aber wir haben uns schlussendlich für die goldene Mitte, den Liegewagen, entschieden. Kosten: 110 € pro Person (Gebucht wurde übrigens 3 Wochen im Voraus, was preislich in Ordnung war, an manchen Tagen z. B. an Sonntagen war die Auslastung schon höher und die Tickets dementsprechend teurer). Das Schlafabteil würde nochmals 30-40 € mehr kosten.

Nightjet Schlafwagen
Der Liegewagen im Nightjet – © ÖBB/Harald Eisenberger

Einsteigen und das Liegeabteil

Eingestiegen sind wir, wie die meisten, am Wiener Hauptbahnhof und haben unsere Liegen gesucht (wir haben uns beim Buchen für eine Reservierung im Damenabteil und die beiden untersten Liegen entschieden). In Wien waren wir die einzigen, die eingestiegen sind. Der Zugbegleiter, der gleich danach kam, erklärte uns, wo wir Sanitäranlagen finden, wann das Frühstück kommt und dass noch weitere Personen im Laufe der Fahrt zusteigen. Der Service war zufriedenstellend und das Personal ausgesprochen hilfsbereit und freundlich. Weiters wurde uns erklärt, dass im Normalfall bis zu sechs Personen in einem Abteil schlafen und aufgrund der COVID-19-Bestimmungen nur vier Liegen besetzt werden.

In Linz stieg dann noch eine junge Dame mit einem etwas sperrigen Koffer zu. Das wurde dann eng. Unsere beiden kleineren Koffer konnten gut unter den Bänken verstaut werden. Der dritte stand dann am Gang. Bei einer Vollbelegung wäre das spannend geworden.

Die Nacht, Frühstück und Ankommen

Schlafen im Zug im Sitzen kennt man ja, aber liegend schlafen war etwas komplett Neues für mich. Man spürt anfangs gefühlt jede Weiche, jede Kurve, jedes Bremsen, jedes Beschleunigen. Ich würde lügen, wenn ich sage, es war angenehm. Aber es hat auch etwas Beruhigendes, man fährt nachts durch Bahnhöfe und Städte, sieht deren Lichter und schläft dann irgendwann ein. Das langsame Wachwerden ist dafür umso schöner, man sieht das Morgenlicht, die ersten Sonnenstrahlen, fährt über Felder und durch Städte, während alles erwacht. Etwas idyllisch und vor allem sehr angenehm, um langsam in den Tag zu starten. Zwischendurch döst man wieder ein und irgendwann kommt dann das Frühstück. 

Die Uhrzeit wird am Vorabend angekündigt, für Personen, die früher aussteigen wie unsere Kollegin im Abteil wird es zum Mitnehmen eingepackt. Sie musste um bereits um 05:59 Uhr in Bonn aussteigen – was dementsprechend auch geheißen hat, dass sie packen musste und wir halfen ihr, den sperrigen Koffer hinauszutragen. Was kein Problem war, nur wenn man beruflich unterwegs ist und beispielsweise am nächsten Morgen wichtige Termine hat, sollte man sich auf eine nicht ganz so ruhige Nacht einstellen.

Als Frühstück wurden wahlweise Tee oder Kaffee, zwei Semmeln, Butter und Marmelade serviert. Danach bin ich ins Bad getapst und muss sagen, dass ich mich nach der unruhigen Nacht auch nach meiner Katzenwäsche nicht richtig frisch und munter gefühlt habe. Die Zeit bis zur Ankunft verbrachten wir im Halbschlaf von der der doch etwas kurzen Nacht vor unseren Büchern und Laptops, wobei es derzeit kein Wlan gibt und nur offline arbeiten möglich ist.

In wenigen Minuten erreichen wir Amsterdam Centraal und ich muss sagen, ich freue mich schon sehr auf einen zweiten Kaffee und die Dusche in der Unterkunft. Auch wenn die Fahrt nicht ganz meinen Erwartungen entsprochen hat, bin ich froh, die Nightjet-Experience gemacht zu haben und es werden sicherlich weitere folgen. Vor allem bin ich schon gespannt auf die neuen Garnituren der ÖBB, die 2023 kommen sollen. Aber davor geht es kommende Woche wieder zurück nach Österreich, was äußerst spannend wird, da wir meinten, wir sparen etwas und der Sitzwagen sei vollkommen ausreichend für die Rückfahrt.

So soll der neue Liegewagen in Zukunft aussehen © ÖBB

 Tipps und allgemeine Infos

  • Kein Bordrestaurant (Snacks und Getränke können erworben werden)
  • Teilweise kann das Auto/Motorrad mitgenommen werden
  • Gepäck: Fahrräder können offiziell noch nicht gebucht werden, was ich sehr schade finde, da ich ursprünglich mein Rennrad mitnehmen wollte (Aber ich habe gesehen, dass wenn man das Fahrrad verpackt, es derzeit als Gepäck zählt und aktuell auch „ausreichend“ Platz ist, da die Abteile ja nicht voll belegt sind und diese dann quasi eine Liege bekommen. Aber es muss verpackt sein.)
  • Für berufliche Reisen oder bei wichtigen Terminen am nächsten Tag würde ich auf alle Fälle den Luxus eines Schlafabteils (max. drei Personen) empfehlen. Im Deluxe Abteil gibt es sogar eine Dusche.
  • Ohropax + Schlafmaske (nicht zwingend notwendig, bei leichtem Schlaf aber definitiv zu empfehlen)
  • Wer arbeiten will oder mehrere Geräte laden will, sollte auf alle Fälle eine Verteilersteckdose einpacken, da derzeit im Liegewagen nur zwei Steckdosen für sechs Personen vorhanden sind.
  • Eine große Wasserflasche zum Zähne putzen und Co. Im Waschraum gibt es zwar kleine Wasserflaschen, aber man spart dadurch viel Müll.

Headerbild: Der Nightjet am Wiener Hauptbahnhof. Nightjet – © ÖBB/Harald Eisenberger

Author: Sophie Hofbauer