Ride Sharing in den Alpen – Ein „ummadum“-Erfahrungsbericht

Umweltschutz und Bergsport – bei dem Gedanken wird die Auswahl des nächsten Ausflugsziels schon mal schwierig, denn nicht jeder Gipfel oder jedes Skigebiet liegt direkt vor der Haustüre. Neben den Öffis bietet auch Ride Sharing eine Möglichkeit, die individuelle Anreise in den alpinen Raum umweltschonender zu gestalten. Welche Erfahrungen zwei POW-Mitglieder im Alltag und am Berg mit der Mobilitäts  App „ummadum“ machen durften, lest Ihr im folgenden Bericht.

Zu Beginn des Jahres 2021 startete POW Austria einen kleinen Testbetrieb der ummadum App, welcher zwei Mitgliedern ermöglichte, mit zur Verfügung gestellten UP (ummadum-Punkte), die App für nachhaltige Mobilität zu testen. Aufgrund der derzeitigen Kontaktbeschränkungen wurden Personen aus einem Haushalt ausgewählt, der Nutzen der App blieb dennoch unverändert, da das Prinzip des Ride Sharings auch in dieser Situation sinnvoll angewendet werden kann. Charakteristisch für die Bergsport-Community lag der Fokus auf der Anreise zu alpinen Aktivitäten. In unserem Falle hier im Großraum Innsbruck. Der „Pendler-Betrieb“, welcher den ursprünglichen Zweck von ummadum darstellt, konnte derzeit leider nicht erprobt werden. Allerdings bewies ummadum bereits 2019 in einem einjährigen Testbetrieb in Partnerschaft mit den Tiroler Gemeinden Schwaz und Wattens und einem bekannten Tiroler Unternehmen, dass die App diesen Nutzen erfüllt. Seit Ende 2019 ist die App österreichweit verfügbar und hat bereits mehr als 70 Unternehmen und Gemeinden als Partner gewonnen.

Aufbau der App

Nach der Registrierung, welche nur die notwendigsten Kontaktinformationen erfordert (Name, Telefonnummer, E-Mail usw.), öffnet sich ein sehr übersichtliches Benutzermenü mit je einer Kachel für die vier Grundfunktionen Radfahren, Gehen, Mitfahren und Fahrt anbieten. Um Letzteres nutzen zu können, ist es allerdings notwendig, ein Auto im Profil zu hinterlegen, wozu Kennzeichen, Marke und Farbe als Erkennungsmerkmale eingegeben werden. Zusätzlich ist die Eingabe der freien Plätze (≤ 4) anzugeben. Für E-Autos gibt es außerdem eine zusätzliche Kennzeichnung. Eine weitere Möglichkeit, auf die Hauptfunktionen der App zuzugreifen, befindet sich am leichter zu erreichenden unteren Bildschirmrand, wo auch der Zugang zum Einlöse-System der UP zu finden ist. Der Nutzung von ummadum liegt eine Kombination von Google Maps und Open Street Map zu Grunde, welche angenehm gestaltet ist. Die Routeneingabe bzw. -suche erfolgt durch die gleichen Parameter wie in der bekannten Navigations-App. Zusätzlich sind Shortcuts zum Arbeitsweg (Pendeln), sowie zu den letzten Suchen bzw. Eingaben zu finden, welche die Benützung der App vereinfachen. Auch Zwischenstopps in der angebotenen Route lassen sich leicht durch zusätzliche Wegpunkte eintragen.

Startbildschirm der App “ummadum”

Wie funktioniert das Mitfahren?

Vorausgesetzt, ein/e andere/r NutzerIn bietet eine Fahrt entlang der benötigten Strecke zu einer passenden Uhrzeit an, stellt es keine große Schwierigkeit dar, im betreffenden Auto mitzufahren. Zuallererst sendet man eine Anfrage an den/die AutobesitzerIn, wozu man Einstiegs- und Ausstiegsort entlang der Fahrtroute auswählen muss – dies ist in einem Radius von 500 Metern möglich. Wird die Anfrage bestätigt, gilt die Mitfahrt als gebucht. Ab diesem Zeitpunkt kann man via ummadum direkt miteinander in Kontakt treten (Anruf, SMS) um etwaige offene Fragen abzuklären. Nach der Mitfahrt ist es möglich, dem/der FahrerIn eine Sternebewertung abzugeben. Außerdem wird die Person als Kontakt gespeichert, wodurch man in Zukunft ihre angebotenen Fahrten abfragen kann. Allgemein, und wenn die App keine passende Mitfahrgelegenheit findet, werden zusätzlich die anstehenden öffentlichen Verbindungen angezeigt.

Wie bietet man eine Fahrt an?

Ebenso unkompliziert gestaltet sich das Anbieten einer Mitfahrgelegenheit. Hierzu kann man entweder eine der letzten Routen wieder anbieten, oder eine neue anlegen. Falls zuvor unter dem Seitenmenü-Punkt „Meine Orte“ der Wohnort, die Arbeitsstelle, das übliche Lebensmittelgeschäft oder sonstige Schlüsselpunkte hinterlegt wurden, kann man diese Orte bei der Routeneingabe in einer Schnellauswahl finden. Darüber hinaus finden sich in der gleichen Liste die von den eigenen Communities hinterlegten Orte. Was Communities sind, erfährst Du im nächsten Abschnitt. Zuletzt ist es nur noch notwendig, die Fahrt zu starten, die MitfahrerInnen abzuholen, und am Ende der Fahrt auf „beenden“ zu klicken. Diese Schritte spart man sich, wenn keine Mitfahrt angefragt wird. In diesem Fall wird die Fahrt automatisch storniert.

Was muss beachtet werden?

Ungewohnt war es für die Testpersonen, daran zu denken, die App zu benutzen. Es sollte ein wenig Zeit eingeplant werden, um die oben beschriebenen Schritte abzuwickeln, und vor allem sollte dies nicht in der allerletzten Sekunde vor Fahrtbeginn erfolgen. Wenn die  Route nicht eingehalten wird, oder das Smartphone keinen Internetzugang hat, kann das den Fahrweg verfälschen. Die Auswirkungen davon halten sich allerdings in Grenzen, denn ein Tracking der Mobiltelefone erfolgt lediglich zur Plausibilitätsüberprüfung. Die Abrechnung der Leistung erfolgt immer über die ursprünglich ausgemachte Route. Lediglich das Starten einer Fahrt funktioniert ohne Internet nicht, hier verliert man beim Start im Funkloch die Kilometer bis zum Empfang.

Per Ride Sharing ins Arztal und hoch hinauf aufs Pfoner Kreuzjöchl

Ummadum-Punkte – das Belohnungssystem

Mobilität kostet Geld, diese Kosten lassen sich allerdings teilen. Und heißt es nicht „Geteiltes Leid ist halbes Leid“? Neben der Schonung unserer Umwelt besitzt Ride Sharing auch das Potential, unsere Geldbörsen zu schonen, indem sich MitfahrerInnen mit einem fairen Betrag an den Fahrtkosten beteiligen. Im System von ummadum funktioniert das folgendermaßen:

Um eine Mitfahrt wie oben beschrieben anfragen zu können, muss man ummadum-Punkte – kurz: UP – besitzen. Diese kauft man sich entweder direkt über die App mit den üblichen Online-Zahlungsmethoden, oder erhält sie von sogenannten Communities. Diese repräsentieren zum Beispiel eine politische Gemeinde, ein Unternehmen oder sogar ein Skigebiet, wie etwa die Seilbahnen des Kaunertal Gletschers, welche allen Besuchenden die Möglichkeit bietet, gratis UP für die Anfahrt ins Skigebiet zu verwenden und mit diesen im Anschluss eine vergünstigte Liftkarte zu kaufen. Solche Communities können also, in Kooperation mit ummadum, durch Ausgabe von UP an ihre Mitglieder einen Anreiz zur Bildung von Fahrgemeinschaften bieten.

Pro mitgefahrenen Kilometer bezahlt nun jede/r MitfahrerIn 10 UP. Das entspricht einem Wert von 10 Cent. Von diesem Betrag erhält 8 Cent der/die FahrerIn und 2 Cent fließen zurück zum Fahrgast, allerdings nicht mehr in Form von UP zum Mitfahren, sondern zum Shoppen. Ebenfalls durch das Bestreiten von Wegen mit dem Fahrrad oder zu Fuß lässt sich CO2 einsparen, und somit auch UP sammeln. Diese sozusagen „verdienten“ UP durch Ride Sharing und nicht motorisierte Fortbewegung können im Anschluss wertgleich bei Partnern von ummadum eingelöst werden. Neben diversen Filialen von Supermärkten finden sich auch verschiedene Einzelhandelsgeschäfte auf der Liste der Einlösestellen. Eine angemessene Belohnung für nachhaltigere Mobilität!

Um noch kurz auf die Kosten einzugehen, sei beispielhaft ein Arbeitsweg von Gnadenwald in Tirol nach Innsbruck angenommen. Bei 17 km Fahrtweg (Stadtmitte zu Stadtmitte) ergeben sich Kosten für den/die Mitfahrer/in von € 1,36 und eine Vergütung für den/die Fahrer/in von maximal € 1,36 x4 = € 5,44. Hier greift nun die Regelung, dass nicht mehr als 4 Personen via ummadum mitfahren können und somit der Unkostenbeitrag von € 0,08 pro Person das vergleichbare, in Österreich gesetzlich festgelegte Kilometergeld für Dienstfahrten von € 0,42 nicht überschreitet und somit nicht als Bereicherung des/der Fahrers/in gesehen werden kann.

MEINE TÄGLICHEN WEGE – SENSIBLE DATEN

Jeder von uns hinterlässt digitale Spuren, im Fall unserer Geodaten zeichnen diese sogar unsere Spuren in der realen Welt nach. Ummadum sammelt und verwertet diese und andere personenbezogene Daten, um seine Leistungen erbringen zu können und arbeitet dadurch mit den vielleicht sensibelsten privaten Informationen. Laut der Datenschutzerklärung werden diese Daten im Rahmen der Vertragserfüllung unter anderem an Google, die Verkehrsauskunft Österreich (ÖFFI-Pläne) und einige andere Dienstleister übermittelt. Es sei aber auch möglich, die App ohne Zugriff auf die Geodaten zu nutzen, allerdings sei dann eine Minderung der Nutzungsqualität zu erwarten. Abgesehen von üblichen Datenanalysen und Crash Tracing wird allerdings kein Profiling oder ähnliches betrieben.

Daneben sollte man sich dessen bewusst sein, dass Personen aus dem persönlichen Umfeld, bzw. Personen die in der Vergangenheit eine Mitfahrt bei einer/m FahrerIn gebucht hatten, auch deren zukünftige Fahrten einsehen können. Wer das nicht möchte, kann die Personen einzeln aus der Kontaktliste entfernen. Hier sei auch erwähnt, dass jede/r NutzerIn selbst dafür verantwortlich ist, welche Fahrten öffentlich angeboten werden.

Fazit

Alles in Allem ist die App sehr logisch aufgebaut, man könnte sie wohl mit dem liebgemeinten österreichischen Adjektiv „dodlsicher“ beschreiben. Für Menschen, die Smartphones regelmäßig im Alltag benutzen, sollte dies also keine Hürde für das Ride Sharing darstellen. Derzeit fehlt es allerdings noch an Teilnehmenden, damit der eigentliche Nutzen des Systems besser greift, nämlich dass man (fast) immer überall durch Ride Sharing hinkommt und irgendwann auf ein eigenes Auto verzichten kann und damit Kosten, CO2 und viel Platz für Infrastruktur gespart werden können. Denn neben individuellen Arbeitswegen fährt  man gerade für Outdooraktivitäten wie wir sie bei POW so lieben, öfters in abgelegene  Winkel. Auch wenn in Österreich und vor allem Tirol der Öffentliche Personennahverkehr bereits eine starke Stütze des alpinen Tourismus darstellt, gelangt man noch nicht jederzeit zu den gewünschten Bergzielen. 

Ausblick

Ride Sharing bietet somit großes Potential für die Zukunft, und ummadum stellt mit der gleichnamigen App eine sehr gut funktionierende Plattform sowie ein durchdachtes Anreizsystem dafür bereit. Je mehr Teilnehmende, desto größer die Auswirkungen. Wenn z.B. statt durchschnittlich 1,06 Personen / Pkw im Berufsverkehr drei Personen in jedem Auto sitzen, bedeutet dies eine Verminderung des Verkehrsaufkommens um 65%. Das zeigt eindrucksvoll, wie viel Unterschied jede Einzelperson machen kann und welch positiven Einfluss unser individuelles Mobilitätsverhalten  haben kann!
Wenn Du noch mehr über Ummadum erfahren möchtest, dann lies Dir am besten das Interview mit dem Geschäftsführer René Schader in unserem Blog durch.

Author: Thomas Obermair