SO ENTSTEHT DAS NEUE KLIMASCHUTZGESETZ

Das neue Klimaschutzgesetz steht in den Startlöchern und könnte in wenigen Wochen/Monaten in Kraft treten. Aber welcher rechtliche und politische Prozess ist nötig, damit ein Gesetz überhaupt erlassen werden kann? Welches Mitspracherecht hat die Opposition?  Kann sich das Volk auch dazu äußern?  Auf all diese Fragen gehen wir in diesem Blogeintrag ein.

WIE KOMMT ES ÜBERHAUPT ZU EINEM GESETZ?

In unserer Bundesverfassung (kurz B-VG) wird geregelt, wie ein Bundesgesetz (beim Klimaschutzgesetz handelt es sich um ein solches) entsteht. Der Weg zum Gesetz beginnt mit der vorparlamentarischen Willensbildung. Es kann verschiedene Gründe geben, wieso ein Gesetz erlassen oder geändert werden soll. Einerseits kann es zum Anstoß einer Gesetzeserlassung kommen, da die Regierung ihre politische Zielsetzung verfolgen möchte, andererseits können Sozialpartner zu Gesetzen anregen. Auch die Opposition kann die Initiative ergreifen oder eine gesellschaftliche Gruppe schafft Aufmerksamkeit für bestimmte Anliegen.

Das parlamentarische Verfahren beginnt nach dem Begutachtungsverfahren mit dem Einbringen des Gesetzesentwurfs in den Nationalrat (NR). Das Initiativrecht (es handelt sich dabei um das Recht einen Gesetzesvorschlag dem NR vorzulegen und somit ein förmliches Gesetzgebungsverfahren einzuleiten) besitzt die Bundesregierung. Sie übermittelt dem NR eine Regierungsvorlage. Diese kommt zustande, wenn sich alle Bundesminister:innen im Ministerrat über den Gesetzesvorschlag einig sind. Diese Ebene des Gesetzgebungsverfahren ist höchst politisch. Auf diese werde ich später noch zurückkommen. Mitglieder des NR (demnach auch die Opposition) können mit einem Initiativantrag von mindestens fünf Abgeordneten des NR einen Antrag einbringen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein selbständiger Antrag eines Ausschusses eingebracht werden kann. Durch den Bundesrat und seine Mitglieder kann auch ein Beschluss zum Einbringen eines Gesetzesantrages gefasst werden. 

Das Volksbegehren

Den Bürger:innen steht ebenfalls über ein erfolgreiches Volksbegehren ein Initiativrecht zu. Ein Volksbegehren muss von mindestens 100.000 Stimmberechtigten unterstützt werden, damit es zustande kommen kann. Dieses muss dann im Nationalrat behandelt werden, jedoch besteht keine Pflicht für den Gesetzgeber, ein Gesetz auf Basis dieses Volksbegehrens zu erlassen. In der Zweiten Republik wurden schon einige Volksbegehren initiiert und haben auch die nötigen Unterschriften erhalten. Jedoch wurden nur wenige zu Gesetzen oder haben als Vorbild für Gesetze gedient. Das Klimavolksbegehren ist ein solches Volksbegehren. Es erreichte 380.590 Unterstützungen und musste somit vom NR behandelt werden. Das Klimavolksbegehren führte sogar zu einem Entschließungsantrag im Parlament, welcher die Umsetzung einiger Forderungen festlegte.  Somit wurde es zu einem der erfolgreichsten Volksbegehren in den letzten 20 Jahren. 

Nach dem Einbringen eines Initiativantrages wird dieser im NR behandelt. Dieses Verfahren wird in verschiedene Abschnitte – “Lesungen” – unterteilt. Die erste Lesung findet im Plenum des NR statt, auf diese wird jedoch üblicherweise verzichtet. 

Die wichtigste Arbeit findet in einem, je nach Gesetzesthematik zugehörigen Ausschuss statt. Hier wird der Gesetzesentwurf diskutiert, Expert:innen können angehört werden und es können Änderungen vorgenommen werden. Es wird legistisch und politisch gearbeitet und das Ergebnis dieser Arbeit determiniert, wie breit die Zustimmung im Parlament sein wird. Der Entwurf wird in der zweiten Lesung dem Plenum des NR vorgelegt, wo dieser diskutiert wird. Dabei können Abgeordnete Änderungen beantragen und Zusatzanträge stellen. Nach der zweiten Lesung kann der Entwurf noch einmal an den Ausschuss zurückgewiesen werden. Die Verhandlung kann auch vertagt, der Gesetzesantrag verworfen werden oder es kommt zur dritten Lesung.  

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In der dritten Lesung wird über den Gesetzesantrag abgestimmt. Hierfür ist ein Präsenzquorum von einem Drittel und weiters ein Konsensquorum von der Hälfte der Abgeordneten notwendig. Wird die erforderliche Mehrheit erreicht, liegt ein Gesetzesbeschluss vor. In einem nächsten Schritt wird der Gesetzesbeschluss dem Bundesrat vorgelegt. Wenn der Bundesrat keinen Einspruch erhebt, muss der Gesetzesbeschluss beurkundet und kundgemacht werden. Die Beurkundung erfolgt durch den Bundespräsidenten. Dieser muss das „verfassungsmäßige Zustandekommen“ des Gesetzes bestätigen. In einem letzten Schritt wird das Gesetz im Bundesgesetzblatt kundgemacht. Nach der Kundmachung tritt das Gesetz in Kraft, sofern nicht etwas anderes bestimmt wurde. 

FOKUS: KLIMASCHUTZGESETZ

Bisher befinden wir uns beim Klimaschutzgesetz noch im vorparlamentarischen Verfahren. Es handelt sich bei diesem Gesetz um einen Ministerialentwurf und wurde vom Umweltministerium entworfen. Da dieser Gesetzesentwurf als Regierungsvorlage im Nationalrat eingebracht wird, muss dieser Entwurf, wie schon erwähnt, im Ministerrat einstimmig angenommen werden. Dementsprechend muss davor schon zwischen den Regierungsparteien Einigkeit über den Inhalt des Gesetzes bestehen. Das ist bei den beiden derzeit regierenden Parteien, die vor allem im Umweltschutz divergierende Meinungen besitzen, kein leichtes Unterfangen. Dieser Teil des Verfahrens ist politisch gesehen somit heikel, da nur durch einen Konsens der regierenden Parteien das Gesetz erlassen werden kann. Sobald diese sich geeinigt haben, passiert das Gesetz in den meisten Fällen den NR.

In diesem vorparlamentarischen Verfahren werden Stellungnahmen von verschiedenen Interessensgruppen eingeholt, um vorzufühlen welche Auswirkungen dieses Gesetz haben könnte. Dies kann, muss aber nicht, bei Bundesgesetzen durchgeführt werden. Jedoch wird dieses Verfahren in den meisten Fällen angewendet. Es gibt somit meist die Möglichkeit Stellungnahmen zum Gesetzesvorschlag einzubringen. Dieses Recht haben bei einem offenen Begutachtungsverfahren alle Bürger und natürlich auch alle Organisationen, Kammern, Institutionen etc. Die Stellungnahmen werden dann bei Ministerialentwürfen dem zuständigen Ressort für ihre Arbeit verfügbar gemacht. Der Entwurf kann dann von der Regierung geändert werden, Meinungen miteinbezogen oder eingearbeitet werden.  Die Regierung ist jedoch nicht verpflichtet, dies zu tun. 

Klimaschutz als Grundrecht

Nun gibt es auch Ambitionen, das Recht auf Umweltschutz oder ein Grundrecht auf Klimaschutz in Verfassungsrang zu heben. Dafür reicht jedoch nicht der Konsens der Regierung aus, sondern es muss auch die Opposition davon überzeugt werden. Um das Recht auf Klimaschutz in der Verfassung zu verankern, braucht es ein Präsenzquorum von der Hälfte und ein Konsensquorum von zwei Drittel der Abgeordneten. Auch der Bundesrat muss mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.  Die Vorteile, dieses Recht verfassungsmäßig zu verankern, liegen einerseits in dessen Beständigkeit – ein Verfassungsgesetz kann nicht einfach so vom nächsten Gesetzgeber geändert oder abgeschafft werden – und der Staat – und nicht nur das Volk und die Wirtschaft – wird in Zukunft in die Pflicht genommen, sozusagen im Sinne des Klimaschutzes zu handeln. Eine Fehlhandlung könnte zu einer Verfassungswidrigkeit führen und wäre vor dem Verfassungsgerichtshof einklagbar. Dass die Hoffnung auf ein  Grundrecht auf Klimaschutz oder Recht auf Umweltschutz im Verfassungsrang nicht utopisch ist, zeigen jüngste Höchstrichterliche Urteile in den Niederlanden und Deutschland.  

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FAZIT & FORDERUNG

Grundsätzlich wird das Klimaschutzgesetz wie jedes andere Gesetz erlassen. Es wird wohl kein besonderes Verfahren geben. Jedoch steht bei diesem Gesetz wohl mehr auf dem Spiel als bei vielen anderen Gesetzen. Umso wichtiger ist es, dass dieses Gesetz ambitionierte Ziele verfolgt. Damit diese Ziele in den Gesetzestext aufgenommen werden, muss ausreichend Druck auf den Gesetzgeber – in diesem Fall ist das die Regierung, da diese im Parlament die einfache Mehrheit besitzt – ausgeübt werden. Als Bürger:in, Organisation, Einrichtung etc. ist dies am ehesten im vorparlamentarischen Verfahren, dem Begutachtungsverfahren, möglich. Hier gilt es, den Gesetzesentwurf genau durchzuarbeiten und eventuelle Verbesserungsvorschläge einzubringen. Natürlich können hier größere Organisationen und Einrichtungen mehr ausrichten. Aber es kann auch jede:r einzelne Bürger:in auf Fehler, unzureichende Regelungen und Missstände aufmerksam machen. 

Kommt es, wie vom Klimavolksbegehren und wie auch von POW verlangt, zu einem Grundrecht auf Klimaschutz, welches Verfassungsrang haben sollte, braucht es wie oben erwähnt die Mithilfe der Opposition. Bisher hat sich jedoch nur die SPÖ bereit erklärt, ein derartiges Vorhaben zu unterstützen. 

Protect Our Winters Austria fordertet ambitionierteres Klmaschutzgesetz

Protect Our Winters Austria setzt sich für ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz ein – sowohl als Klimaschutz-NGO, aber auch als österreichische Bürger*innen. Im Rahmen der Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes haben POW AT daher einen offenen Brief gestartet, der von Unternehmen, Einzelunternehmer*innen und Vereinen unterzeichnet werden kann.

“Mit den schon lange nicht mehr zeitgemäßen Aussagen repräsentieren weder die Regierung noch die Wirtschaftskammer die Firmen Österreichs. Deshalb fordern wir zusammen mit mehr als 150 Unternehmen aller Branchen, notwendige Maßnahmen und Zwischenziele im Rahmen eines ambitionierten Klimaschutzgesetzes ein. Außerdem muss uns bewusst sein, dass es die letzte Möglichkeit ist, Österreichs Klimaziele (Klimaneutralität bis 2040) noch realistisch erreichen zu können. Ein solches Gesetz ist nicht nur wichtig, um unsere Natur zu schützen, sondern auch unsere Wirtschaft, unsere Jobs und unsere hohe Lebensqualität im allgemeinen. ”
– Moritz Nachtschatt, Geschäftsführer von Protect Our Winters Austria zur Notwendigkeit eines ambintionerteren Klimaschutzgesetzes –

Weitere Informationen zu den Forderungen von Protect Our Winters Austria findet ihr hier. Alle interessierten Unternehmen, Einzelunternehmer*innen und Vereine müssen zum Unterschreiben nur das kurze Formular auf der POW AT Website ausfüllen und die Unterschrift im Anschluss durch den zugeschickten Link bestätigen.

Quellen: 
Berka, W., Verfassungsrecht: Grundzüge des österreichischen Verfassungsrechts für das juristische Studium7 , 194-204.
‚Wie entsteht ein Gesetz?‘ (Parlament.gv.at)
Presseaussendungen • Klimavolksbegehren
‚Vorparlamentarisches Begutachtungsverfahren‘(Parlament.gv,at)

Headerbild: (c) Dominic Wunderlich/ Pixabay

Author: Constanze Arbeiter