TEIL II: SOULRIDE BIKEPACKING – 8 TAGE, 3 LÄNDER, 4 FREUNDE

Tag 5: Erkundungstour Ort Cres und Valun

Heute steht eine Erkundungstour ins knapp 16 Kilometer entfernte kleine Fischerdorf Valun auf dem Plan, da es hier laut Beschreibung auf dem Weg dorthin einige schöne Gravel-Parts geben soll. Die Kilometeranzahl klingt eigentlich entspannt, doch der Weg belehrte uns eines Besseren. Zunächst vorbei am Hafen von Cres über einen Radweg, geht es gleich danach auf einen ausgewaschenen Feldweg mit ein paar tiefen Rinnen. Wir fahren in ein paar kurzen aber knackigen Steigungen durch Olivenplantagen weiter, bis wir den nächsten Part erreichen. Nun führt uns ein Schotterweg immer entlang der Küste. Auf diesem Weg warten mehrere kurze, geröllige Ansteige auf uns, die mit den Gravel-Bikes und Gepäck recht schwer zu fahren sind. Generell hat der Weg mehrere sehr mühsame Abschnitte, die doch eher für Mountainbikes geeignet sind, weshalb wir die Bikes auch öfter mal schieben müssen. Dadurch brauchen wir heute etwas länger als erwartet. Zudem kommen wir direkt in die Mittagssonne, die uns auch heute mit weit über 35 Grad begrüßt und das Fahren erschwert. Wie es der Zufall will, gibt es auf dieser Strecke weit und breit keinen Schatten. 

(c) Simon Beizaee

Umso mehr freuen wir uns, die asphaltierte Nebenstraße zu erreichen, die uns in ein paar wenigen Kilometern bergab nach Valun führt. Hier gönnen wir uns kalte Getränke, frisch gefangen Fisch und suchen uns in einer Bucht Schatten zum Ausruhen. Wir finden dann noch ein paar schöne Gravel-Strecken durch den Wald und dann geht es, diesmal über den Asphalt und die Hauptstraße in mehreren Serpentinen-Anstiegen, bis zum Kamm zurück Richtung Cres. Hier fährt es sich trotz der Steigung erstaunlich leicht. Oben angekommen, werden wir mit einer wunderschönen Aussicht und einem Sonnenuntergang beschenkt. Jetzt heißt es, den restlichen Weg zurück mit Stirnlampen fahren. Von hier geht es nur noch bergab bis zu unserem heutigen Schlafplatz in der Bucht von Cres gegenüber vom Hafen. Heute ist Fußball EM-Spiel, Kroatien gegen Schottland. Kroatien holte sich den Sieg, entsprechend laut ging es auf der anderen Seite zu. Egal, wir waren k.o. und schliefen schnell ein.

(c) Yvonne Lesewa

Tag 6: Von Cres über Krk bis nach Kraljevica

Vonny verlässt uns heute und wir fahren zu dritt weiter. Die Route führt uns erstmal über eine 8 Kilometer lange asphaltierte Hauptstraße zur Fähre nach Merag. Nach einem kurzen, aber knackigen Anstieg geht es die restlichen Kilometer mit dem Meer im Blick bergab zum Fährterminal, um auf die Insel Krk überzusetzen, die durch den Velebit-Kanal vom Festland getrennt ist. Diese ist die nördlichste Insel in der Kvarner Bucht und mit 405 Quadratkilometern gemeinsam mit Cres die größte Insel der Adria. Auf der anderen Seite in Valbiska auf Krk angekommen, geht es mit zwei kurzen Zwischenstopps bei Pinezici und bei Malinska für einen Dip ins Meer über wieder asphaltierte Hauptstraßen weiter. Lange durchgezogene Anstiege sind auf Krk eher Mangelware, das stete Bergauf und -ab geht jedoch ebenfalls gut in die Beine. Auch heute ist es mal wieder extrem heiß und wir kommen aus dem Schwitzen gar nicht mehr raus.

Der Verkehr auf der Hauptstraße ist irre, daher versuchen wir wieder über kleinere, ­wenig befahrene Straßen weiterzukommen. Wir finden einen schottrigen Gravel-Weg, der an der Küste entlang führt bis wir die beeindruckende Krk-Brücke erreichen, die uns von der Insel zurück aufs Festland führt. Die Aussicht ist zwar wunderschön, allerdings können wir es nicht wirklich genießen, ziehen die Autos hier mit nur einem Zentimeter Abstand und 100 km/h an einem vorbei. Wir fahren weiter bis Kraljevica, gönnen uns mal wieder eine Pizza und suchen uns einen Schlafplatz am Strand. 

(c) Simon Beizaee

Tag 7: Kraljevica über Rijeka bis nach Koper, Slowenien

Heute steht unsere längste Etappe mit über 100 Kilometern und 1.500 Höhenmetern an. Daher starten wir sehr früh morgens, zunächst über eine Hauptstraße um die Bucht herum bis nach Rijeka. Hier machen wir einen kurzen Stopp, um Proviant zu hamstern für den späteren Pass, den wir heute noch befahren. Jetzt geht es ein längeres Stück durch Rijeka. Selbst aus dem Sattel heraus bekommen wir ein gutes Gefühl für diese spannende Stadt, die 2020 zur Kulturhauptstadt ernannt wurde. Halten wollen wir aber nicht, denn wir wollen den höchsten Punkt vom Pass noch vor Mittag erreichen.

Die menschen- und fast autoleere Passstraße führt uns durchs wunderschöne Hinterland mit extrem viel Wald, der uns glücklicherweise immer wieder Schatten spendet und den langen Anstieg von der Temperatur her sehr erträglich macht. Da kämpfen wir uns also hoch, die Jungs geben Gas und ich verliere sie irgendwann aus dem Blick. Macht aber nichts, ich stecke gerade in meiner eigenen Welt. Nach knapp 1.000 Höhenmetern schieben wir eine kurze Pause am Wegrand ein und essen ein paar Snacks. Dann geht es das letzte Stück wieder im Anstieg weiter bis wir am höchsten Punkt ankommen.

(c) Simon Beizaee

Jetzt geht es kurzzeitig etwas eben weiter, dann nochmal in einem Anstieg hoch, bis wir ein Plateau erreichen. Es eröffnet sich ein wunderschönes Panorama mit offenen Feldern und grünen Bergen. Hier oben ist es traumhaft menschenleer und ruhig. Nach ein paar Kilometern weiter erreichen wir den Grenzübergang zu Slowenien inmitten der einsamen Berglandschaft. Kurze Passkontrolle und weiter geht’s. Jetzt fahren wir endlich ein Stück bergab, bis wir irgendwann wieder auf eine scheinbar ebene, jetzt schon mehr befahrene Straße kommen. Mit dem Gegenwind und extremer Hitze täuscht die vermeintlich entspannte Straße und wir müssen im Windschatten von Fabi fahren, um etwa gleich schnell voranzukommen. Teamwork at its best. Jetzt geht es nochmal ein Stück über einen Panorama-Feldweg, bis wir in der Stadt Koper am Hafen ankommen. Hier gönnen wir uns für die letzte Nacht eine Unterkunft. Der Weg war lang, extrem heiß und wir freuen uns auf eine kalte Dusche. 

Tag 8:  Koper – Triest

Am letzten Tag geht es ganz gediegen zu und wir radeln nur mehr 30 Kilometer zurück zu unserem Startpunkt nach Triest. Hier gibt es einen letzten guten italienischen Espresso und dann nehmen wir den nächsten Zug zurück nach Innsbruck. Dort angekommen, können wir unsere wasserfesten Ortlieb Taschen endlich mal in Aktion testen. Denn kaum haben wir uns am Bahnhof verabschiedet, fängt es wie aus Kübeln an zu regnen. Der erste Tropfen seit 8 Tagen. Zum Glück hat es jeder von uns jetzt nicht mehr weit nach Hause.

UNSER FAZIT

Wir blicken auf einen großartigen Trip zurück und können wirklich jedem empfehlen diese Art des Reisens selbst einmal auszuprobieren. Wenn man mit dem Rad unterwegs ist, nimmt man seine Umgebung viel intensiver wahr, lernt Land & Leute anders kennen und genießt viel mehr. Wir sind nur mit dem Nötigsten gereist und auch das Handy blieb viel öfter in der Tasche, sodass wir automatisch mit offeneren Sinnen unterwegs waren und mehr gemeinsame „Quality Time“ hatten. Auch unsere Länderwahr war perfekt und es war toll, in der Nähe so viel zu erleben und Neues zu sehen ohne dafür in ein weit entferntes Land zu reisen. Wir haben und mussten nicht extrem viel im Voraus planen und waren daher recht flexibel. Da wir biwakierten, waren wir auch nicht von Unterkünften abhängig. Das gab uns nochmal mehr Freiraum und bescherte uns viele sehr schöne Nächte unter klarem Sternenhimmel. Gleichzeitig waren wir auch überrascht, wie weit wir dem Rad am Ende gekommen sind. Ein weiterer Vorteil einer Bikepacking-Reise: Es ist auf jeden Fall kostengünstiger. Unsere Zugtickets waren preiswert und das obwohl wir erst ein paar Tage vor Start gebucht hatten. Da wir eben die meiste Zeit biwakierten, fielen in unserem Falle auch die Kosten für eine Unterkunft weg. Und Rad fahren an sich ist ja bekanntlich sowieso umsonst. Apropos Zug: Das Reisen mit den Bikes und dem Gepäck war sowohl in Österreich als auch Italien recht unkompliziert. Alle Züge waren entweder mit einem eigenen Fahrrad-Wagon oder mit Teilabschnitten ausgestattet. Also perfekt, um es selbst auszuprobieren! Vielleicht noch ein letzter Punkt zur Gruppengröße: Wir waren zu viert und können auch das jedem empfehlen. Wir hatten uns perfekt ergänzt, konnten das Gepäck gut aufteilen und uns jederzeit gegenseitig unterstützen und motivieren. 

DOBAR DAN AND HVALA AN ALLE FÜR DIESE WUNDERBARE TOUR! AN ALLE, DIE WIR AUF DEM WEG GETROFFEN HABEN, AN UNSERE SUPPORTIVE PARTNER UND AN UNS SELBST. ES WAR GROSSARTIG!

(c) Simon Beizaee

Headerbild: (c) Simon Beizaee

Projekt: theoutsidefactory // Fotografen & Filmer: Simon Beizaee, Yvonne Lesewa, Fabian Spindler

Text: Nadja Schmidt mit freundlicher Unterstützung von Yvonne Lesewa

Author: Nadja Schmidt