Wann wenn nicht jetzt?
Protect Our Winters richtet Appell an Regierung: Finanzielle Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft nach COVID-19 müssen klimaverträglich sein
Wann, wenn nicht jetzt? In einer gemeinsamen Aktion mit anderen Umweltorganisationen unter dem Motto #schauaufsklima fordert Protect Our Winters (POW) die Tiroler Landesregierung dazu auf, finanzielle Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft nach COVID-19 im Hinblick auf die drohende Klimakrise zu treffen. JETZT ist die Zeit zu handeln!
Innsbruck – Durch die finanziellen Hilfen der Bundesregierung konnte ein kompletter wirtschaftlicher Kollaps durch die COVID-19-Pandemie verhindert werden. Nun ist es an der Zeit, über die Zeit nach dieser Krise nachzudenken. Im Gespräch sind aktuell Investitionspakete, die die Wirtschaft wieder in Fahrt bringen sollen. Allerdings sollte man genauestens im Blick behalten, wofür diese Gelder letztendlich verwendet werden. Es ist POW ein zentrales Anliegen, diese Investitionen an umweltrechtliche Rahmenbedingungen zu knüpfen. Es darf kein Zurück zum „business as usual” geben. Die Aussagen von Umweltministerin Leonore Gewessler („Die Corona-Krise zeigt, dass wir entschlossen und ministerienübergreifend handeln können.“[1]) machen Mut. Dieses entschlossene Handeln muss also auch in Bezug auf die Klimakrise möglich sein. Nur so lässt sich diese drohende Krise abfedern. Dafür braucht es jedoch einen Umdenkprozess, der von der Politik gestützt und begleitet werden muss.
Öffentliche An- und Abreise ermöglichen
Tirol ist wie kein anderes Bundesland vom (Winter-) Tourismus abhängig[2]. Doch vor allem in diesem gewichtigen Wirtschaftszweig bedarf es einer Trendwende. Das Ziel muss eine nachhaltige, umweltverträgliche Form des Tourismus sein. Eine große Rolle spielt dabei auch der Aspekt der An- und Abreise, schließlich entfallen darauf die meisten Emissionen – sogar weit mehr als bei der Beschneiung[3]. Die Möglichkeiten der nachhaltigen Anreise sind nach wie vor nicht genug ausgebaut bzw. preislich nicht rentabel und stellen bisher keinen Anreiz dar, vom Auto auf ÖPNV umzusteigen. So bleibt der motorisierte Individualverkehr die bevorzugte Reiseart der in- und ausländischen Touristen. Mangels Nachfrage können bestehende Angebote dann oft nicht rentabel betrieben werden. Hier braucht es Interventionen der öffentlichen Hand, um die Zukunft des Wintertourismus aktiv gestalten und in die richtigen Bahnen lenken zu können. An den Möglichkeiten der Umsetzung sollte es nicht scheitern: günstiger ÖPNV, Ausbau des Bus- und Bahnnetzes, bessere Taktung, Einführung einer Kerosinsteuer, Subventionen für elektrische Mobilität, Anreize für Carsharing. Was bisher jedoch fehlt, sind der politische Wille und Mut, derartige Maßnahmen auf höherer Ebene durchzusetzen. Das muss sich – insbesondere hinsichtlich des immer größer werdenden Drucks seitens der Bevölkerung – jetzt ändern.
Skigebietserweiterungen stoppen
Das Niveau und die Größe der Tiroler Skigebiete ist hoch. In keinem Bundesland gibt es zudem mehr Skigebiete pro Quadratkilometer als in Tirol[4]. Es ist höchste Zeit, den immer wiederkehrenden Fantasien zu Erweiterungen oder Zusammenschlüssen von Skigebieten ein Ende zu bereiten! Stattdessen sollten sowohl die klimafreundliche Erneuerung der Infrastruktur als auch die Optimierung der Prozesse im Hinblick auf Energieeffizienz im Vordergrund stehen. Die letzten Jahre zeigen jedoch, dass diese Angelegenheit für viele Seilbahngesellschaften noch immer nicht vom Tisch ist. Wir fordern die Tiroler Landesregierung daher auf, sich klar gegen den weiteren Ausbau von Skigebieten auszusprechen und diese Position mit entsprechenden Handlungen und Gesetzen zu untermauern!
JETZT handeln
Während des pandemiebedingten „Lockdowns“ wurde immer wieder von gesunkenen Schadstoffwerten durch das gesunkene Verkehrsaufkommen[5] und anderen erfreulichen Entwicklungen in puncto Umwelt und Klima berichtet. Das zeigt uns, dass eine Kursänderung zielführend ist. Die Lektionen aus der Zeit der Coronakrise können und müssen uns als Kompass für eine Kursänderung dienen. Die Richtung ist etwa durch das Pariser Klimaabkommen oder das nationale Regierungsprogramm klar vorgegeben. Doch es gilt, die Segel frühzeitig zu setzen, wenn das Ziel rechtzeitig erreicht werden soll. Es bleiben – je nach Prognose – fünf bis zehn Jahre, um die Zukunft des Wintersports in den Alpen zu sichern. Der Wind weht jetzt, also sollte das Schiff jetzt Fahrt aufnehmen.
Autor*innen:
Anna Siebenbrunner & Marc Stannartz
[1] https://www.derstandard.at/story/2000116881817/gewessler-zu-staatshilfen-steuermillionen-brauchen-klimabedingungen?fbclid=IwAR0V7UWcF7uKy8rdTuutlISJtxM-TvpBN8mkAwjb3Fnd7sZDMz4pEhbWIDY [21.04.2020]
[2] https://www.ttr.tirol/statistik/wirtschaftliche-bedeutung-des-tourismus [22.04.2020]
[3] https://www.cipra.org/de/dossiers/20/964_de/inline-download
[4] Alfred Ringler (2017) “Skigebiete der Alpen: landschaftsökologische Bilanz, Perspektiven für die Renaturie-rung”. In: Jahrbuch des Vereins zum Schutz der Bergwelt, 81./82. Jahrgang 2016/17, S. 29-154, München [23.04.2020]
[5] https://www.tt.com/artikel/30728400/physiker-der-uni-innsbruck-nutzen-corona-massnahmen-als-experiment [22.04.2020]