Wien Wahl 2020 – eine Wahl für alle Wiener*innen?

Jede Wahl ist eine Zukunftswahl, schließlich wird die Regierung für die nächste (zukünftige) Legislaturperiode gewählt. Doch in Zeiten von Klimawandel, Urban Heatwaves und Versiegelungstendenzen sollte man sich dessen bewusst sein, dass das eigene Kreuz am Wahlzettel mehr wert ist als eine bloße Sympathiebekundung für eine Partei. Parteien stehen für gewisse Werte und Programme, die vielzitierten „Wahlprogramme“, mit denen man sich unter Umständen auch selbst identifizieren kann.Gerade im Bereich Klimaschutz könnten die Parteiprogramme der antretenden Listen unterschiedlicher nicht sein. Wem Klimaschutz am Herzen liegt, sollte sich also auch im Klaren sein, welchen Standpunkt die bevorzugte Partei in dieser Angelegenheit vertritt.

Daher lohnt sich vor der Wahl jedenfalls ein Blick in die Wahlprogramme der verschiedenen Parteien. Um euch die Sache ein wenig zu erleichtern, haben wir sie hier für euch zusammengestellt.

Von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen, ist eine Möglichkeit, seine eigene Zukunft – und die seiner Nachkommen – mitgestalten zu können. Wenn man also wahlberechtigt ist, sollte man am 11. Oktober zur Wahl schreiten. Wählen zu dürfen ist in Wien nämlich leider nicht selbstverständlich. Ein Drittel der Einwohner*innen Wiens ist nicht wahlberechtigt, weil sie keine österreichische Staatsbürgerschaft haben.

Wer darf in Wien wählen und wen wählen wir?

Am Sonntag den 11. Oktober gehen die Wiener*innen  wieder einmal ins Wahllokal, um den Gemeinderat und die Bezirksvertretung zu wählen. Wenn man hier von den Wiener*innen  spricht, handelt es sich jedoch eigentlich nicht um alle Wiener*innen. Denn ca. ein Drittel (laut Statistik Austria 30, 1 %) im wahlberechtigten Alter sind von der Wahl ausgeschlossen – so viele wie nie zuvor.
Es handelt sich bei diesen 30,1 % um Ausländer, die ihren Hauptwohnsitz in Wien haben.  Hier bedarf es jedoch noch einer weiteren Unterscheidung, und zwar zwischen Ausländern aus Drittstaaten und EU-Ausländer. Letztere dürfen zumindest bei der Bezirksvertretungswahl teilnehmen. Jedoch handelt es sich bei der Bezirksvertretung um ein politisches Gebilde, welches mit weniger Kompetenzen ausgestattet ist. Viel wichtigere Kompetenzen hat der Gemeinderat, denn dessen Mitglieder sind gleichzeitig Abgeordnete des Wiener Landtages, welcher für die Landesgesetze zuständig ist.

Welche Parteien sprechen sich für ein Ausländerwahlrecht aus und welche nicht?

Im November 2019 brachten die Grünen gemeinsam mit den Neos und der SPÖ einen Antrag ein, dass alle EU-Bürger ein aktives und passives Wahlrecht dort erhalten sollten, wo sie ihren Hauptwohnsitz haben. Während die Grünen das Ausländerwahlrecht in ihrem Wahlprogramm für die Wien Wahl 2020 aufgenommen haben, hat die SPÖ sich überraschenderweise dagegen ausgesprochen. Die Neos sprechen sich dafür aus, dass Wahlrecht auf Gemeindesratsebene auf EU-Bürger/innen auszuweiten. ÖVP und FPÖ lehnen dies strikt ab und erkennen nur österreichischen Staatsbürgern dieses Recht zu. Diese beiden Parteien zogen auch vor den VfGH als die Wiener Stadtregierung 2004 ein Gesetz erlassen hatte, welches Ausländern ein Wahlrecht zuerkannt hatte.

„Pass Egal Wahl“

SOS Mitmensch veranstaltet vor jeder Wahl eine alternative Wahl für Personen, die keinen österreichischen Pass besitzen. Diese Wahl zeigt besonders, dass diese Personen ein großes Interesse daran haben, an politischer Mitbestimmung teilzuhaben. Auffällig ist bei diesen alternativen Wahlen, dass vor allem links orientierte Parteien als die großen Sieger hervorgehen. Bei der letzten „Pass Egal Wahl“ für Wien (2015) kamen die Grünen auf 53,4% und die SPÖ auf 30,4%. Dagegen kamen ÖVP und FPÖ auf jeweils 1,3% und 0,9%.

Was spricht nun für ein Ausländerwahlrecht und was dagegen?

Wenn man mit Ausländern spricht, wird meist als erstes Argument für ein Wahlrecht die Steuerpflicht genannt. Ein in Österreich arbeitender Mensch muss hier Steuern abführen, egal welche Staatsangehörigkeit er/sie besitzt. Jedoch sollte man das Wahlrecht nicht an die Steuerpflicht anknüpfen und auch nicht damit argumentieren, da dieses Argument sehr leicht missbraucht werden könnte. Personen, die aufgrund ihres höheren Einkommens mehr Steuern zahlen, könnten somit auch mehr Mitbestimmung verlangen, da ihr Beitrag an den Staat oder Land in Geld gemessen größer ist als der von Kleinverdienern.
Das viel wichtigere Argument ist, dass Menschen, die seit Jahren hier leben und Teil der Gesellschaft sind, mitbestimmen sollten, wohin sich diese Gesellschaft politisch bewegt. Wenn darüber abgestimmt wird ob eine Straße zu einer Begegnungszone wird oder ob Wien klimafreundlicher ausgestaltet werden soll, ist das keine Frage der Staatsbürgerschaft, sondern der Menschen die Mitglieder der Wiener Gesellschaft sind.
Ein wichtiges und ausschlagekräftiges Gegenargument ist Art. 1 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), welcher besagt: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ Unter dem Begriff Volk versteht man die österreichischen StaatsbürgerInnen. Und laut VfGH fällt die Tätigkeit der Vertretungskörper – worunter der Nationalrat, der Landtag, der Gemeinderat und sogar auch die Wiener Bezirksvertretung zu verstehen ist – unter Art. 1 B-VG. Dass EU-Bürger bei den Bezirksvertretungswahlen teilnehmen dürfen, resultiert jedoch aus dem EU-Vertragsrecht und widerspricht somit nicht dem Verfassungsrecht. Es bräuchte somit eine Verfassungsänderung, um ein Ausländerwahlrecht einzuführen, welche jedoch nur sehr schwer zu bewerkstelligen sein wird.

Deswegen: Nutzt euer Wahlrecht und geht wählen, um uns allen eine umweltfreundlichere Zukunft zu ermöglichen!

Quellen:


Author: Constanze Arbeiter