POW-Award Platz 1: Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Gletscherschmelze anhand des Beispiels Alpen

Ein Schwerpunkt in der Arbeit von POW ist die Förderung von Klimabildung junger Menschen. Im Rahmen des POW-Bildungsawards werden jedes Jahr herausragende Vorwissenschaftliche Arbeiten zu den Themen Klimawandel, Wintersport und Tourismus von einer Jury prämiert. Platz 1 ging 2024 an Lea Barsa von der AHS Draschestraße in Wien. In diesem Blogartikel hat sie ihre Arbeit für uns zusammengefasst:

Die globale Klimakrise schreitet immer weiter voran und die Anzahl der Auswirkungen wird immer größer. So lässt sich auch die weltweite Gletscherschmelze auf die ewig lange Liste an Folgen setzen. Doch ist das Schmelzen der Eisriesen wirklich so schlimm? Und wen betrifft die Gletscherschmelze eigentlich?

Fragen wie diese werden in den Nachrichten nicht häufig aufgegriffen, doch gerade Antworten darauf würden den einzelnen Menschen helfen, das Ausmaß dieser Schmelze zu verstehen.
Aufgrund dessen wurde in dieser Arbeit versucht, verschiedene wirtschaftliche Folgen der Gletscherschmelze zu beleuchten, der Schwerpunkt liegt auf den Bereichen Wasserkraft, Gletscherski-, sowie Gletschersommertourismus.

Übersicht über den Zustand der Alpengletscher

Um den Prozess der Gletscherschmelze besser zu verstehen, wurden in dieser Arbeit 4 zufällig ausgewählte Gletscher ausgesucht und ihr Rückgang in 4 ausgewählten Bilanzjahren im Zeitraum 1990 bis 2022 verglichen. Dabei ist dieses Diagramm entstanden:

Gletscherrückgang (c) Lea Barsa

Grundlagen dieser Vergleiche waren die Gletscherberichte des Österreichischen Alpenvereins. Im Bericht des Jahres 1991/92 betrug der Durchschnitt der Längenveränderung -11,51 m, alle Rückzugsbeträge der 4 ausgewählten Gletscher lagen deutlich unter diesem Wert (höchster Wert der 4 Gletscher: Schlatenkees mit -7,9 m).

Über die Jahre hinweg stiegen diese Rückzugsbeträge jedoch immer weiter an, bis das Jahr 2021/22 endgültig als Alarmruf bezeichnet wurde. Die durchschnittliche Längenveränderung der Gletscher betrug hier -28,7 m. Die Rückzugsbeträge aller 4 ausgewählten Gletscher lagen deutlich über diesem Wert (höchster Wert der 4 Gletscher: Schlatenkees mit -89,5 m). Vor allem die allgemein bekannte Prognose, dass die Alpen bis 2075 gletscherfrei sein würden, ist also längst nicht mehr einhaltbar, dieser Zustand wird viel früher eintreffen.

Wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Wasserkraft

Für viele Alpenregionen ist die Wasserkraft enorm wichtig, gute Beispiele dafür sind die Schweiz oder Österreich. In beiden Ländern wird 60% des Stroms aus Wasserkraft gewonnen, durch die Gletscherschmelze kommt es in diesem Sektor aber zu immer mehr Problemen.
Einerseits sind Gletscher wichtige Wasserquellen für viele Wasserkraftanlagen, wie zum Beispiel der Stausee Margaritze. Er bezieht seit 1950 Wasser von der Pasterze. Die Pasterze hat im Jahr 2022 jedoch 13,2 Millionen m3 Wasser verloren, dies würde dem Stausee bei einem vollständigen Verlust der Pasterze jährlich fehlen.
Andererseits kommt es aufgrund der Gletscherschmelze zu erhöhten Abflussmengen, wodurch auch mehr Sediment mitgeschwemmt wird. Dies kann zu Verlandung führen, d.h. dass sich Material in Bereichen einer Anlage festsetzt. Es kann auch zu Verstopfungen von Anlageteilen kommen, beides hat teure Spülungen und Reinigungen zufolge und kann sich außerdem auf die Sicherheit einer Anlage auswirken.

Wirtschaftliche Auswirkungen auf den Gletscherskitourismus

Die Alpen sind die beliebteste Skisportdestination in Europa und besonders Österreichs Westen ist sehr abhängig von Gletscherskigebieten. Solche bedeuten nämlich eine Rettung in schneearmen Wintersaisonen und ein erweitertes Angebot in Nebensaisonen.
Doch die meisten Seilbahnstützen und Seilbahnstationen eines Gletscherskigebietes sind in Eis gegründet. Durch die warmen Temperaturen schmilzt dieses Fundament immer weiter weg und die Gefahr, dass Stützen ausbrechen, steigt an. Diese Eisflächen zu kühlen und ein solches Skigebiet zu bewahren wird also in Zukunft noch teurer und energieaufwendiger werden. Deshalb stellt sich hier die Frage, wie lange eine Gesellschaft es sich noch leisten kann, Gletscherskigebiete in den Alpen aufrechtzuerhalten.

Wirtschaftliche Auswirkungen auf den Gletschersommertourismus

In diesem Sektor sind vor allem Hüttenwirt*innen und Bergsteiger*innen betroffen. Gespeichertes Eis trägt viel zur Stabilität eines Hanges bei. Das Risiko, dass sich eine Eismasse von einem Gletscher löst, wird aufgrund der warmen Temperaturen immer wahrscheinlicher, wie am Beispiel Marmolata Gletscher. Im Juli 2022 hat sich ein Teil des Materials gelöst und ist mit 300 km/h Richtung Tal gerast, dabei kamen 11 Menschen ums Leben, 8 wurden schwer verletzt. Das Besondere an diesem Ereignis war die unmögliche Kalkulierbarkeit, wie Forscher*innen danach meinten. Niemand hätte diesen Absturz voraussehen können. Dies macht die Gletscherschmelze in diesem Bereich zu einer großen Gefahr.

Ergebnisse

Durch alle Recherchen konnte erfasst werden, dass der Gletscherrückgang nicht mehr aufzuhalten ist. Es müssen schnellstmöglich weitere Anpassungsmaßnahmen für die Veränderungen im alpinen Raum entstehen. Beispiele wären der Ausbau anderer erneuerbaren Kraftwerksanlagen, den Abbau von Gletscherskigebieten und die Entwicklung von Frühwarnsystemen. Außerdem müssen mehr Daten und Forschungen bezüglich der Gletscher und ihrem Verhalten während der Schmelze gesammelt werden, um eine ausreichende Datengrundlage vorhanden zu haben.  

Lea Barsa wurde im Rahmen des POW-Awards 2024 mit dem ersten Platz ausgezeichnet.