Almauftrieb der Generationen & Almgespräch der Wirtschaft
Am 24. Mai fand der Almauftrieb der Generationen und das Almgespräch der Wirtschaft auf der Umbrüggler Alm bei Innsbruck statt. Ziel des Events war, im Sinne alternativer Protestformen an unser Gletscherbegräbnis vom September 2023 anzuschließen und innerhalb der Berggemeinschaft eine breite Allianz für Klimaschutz aufzustellen.
EU-Wahl als Klimawahl
Im Fokus standen die anstehenden EU-Wahlen. Denn Klimaschutz endet nicht an der Staatsgrenze und die Entscheidungen, die das nächste EU-Parlament treffen wird, werden unsere Zukunft maßgeblich beeinflussen. “Die Mehrheit der Gesetze, die unser Klima und unsere Umwelt betreffen, werden auf EU-Ebene entschieden – und dennoch haben die EU-Wahlen üblicherweise eine niedrige Wahlbeteiligung. “, stellte Chiara Pizzignacco von POW zu Beginn der Veranstaltung fest: “Für Bergsportler:innen ist die Briefwahl eine gute Option, um am 9. Juni nicht zwischen Wahlgang und Bergtag entscheiden zu müssen.” Deine Wahlkarte kannst du ganz einfach hier online beantragen.
Almauftrieb der Generationen
Mit dem Almauftrieb der Generationen haben wir ein starkes Zeichen dafür gesetzt, was es für uns zu schützen gilt. Anstatt von Weidetieren wurden symbolisch vulnerable Personengruppen auf die Alm getrieben, um auf die klimatischen Veränderungen, und deren Auswirkungen auf unser Zusammenleben aufmerksam zu machen. Wir Outdoorsportler:innen wurden dabei von Politiker:innen, Vertreter:innen der Landwirtschaft und des Gesundheitswesen, den Omas gegen Rechts und einer Blasmusikkapelle begleitet.
Insgesamt siebzig Personen verschiedenen Alters und Milieus haben sich gemeinsam auf den Weg zur Umbrüggler Alm gemacht und mit Plakaten und Statements gezeigt: Unsere gewohnte Lebensqualität ist bedroht – und wir sind bereit, etwas dagegen zu tun. Die Tradition steht dazu nicht im Widerspruch: Der Almauftrieb steht für Veränderung, für den Beginn einer neuen Zeit und wir sehen ihn als Symbol für regionalspezifische Weiterentwicklung.
Klimaschutz = Heimatschutz
Mit unserer Kernbotschaft “Klimaschutz = Heimatschutz” möchten wir zeigen, dass ambitionierte
Klimaschutzmaßnahmen viele Aspekte einer nachhaltigen Regionalentwicklung vereinen und positive Effekte für die heimische Wirtschaft, Landwirtschaft und den allgemeine Lebensqualität nach sich ziehen. Sei es der Erhalt der Biodiversität, die Entsiegelung der Böden oder kurze Wege und faire Produktion in der Industrie.
Statements der Zivilbevölkerung
Die Eröffnungs-Statements von den Omas gegen Rechts sowie unserem Science Alliance Mitglied Umweltmedizinier Dr. Heinz Fuchsig haben gezeigt, inwiefern die Zivilbevölkerung in den Alpenregionen bereits jetzt von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind. So gilt etwa Innsbruck als die hitzegefährdetste Stadt Österreichs. Das hat auch für die Gesundheit massive Folgen, wie Dr. Heinz Fuchsig in seinem Statement festhielt: “Global gesehen ist der
Klimawandel die größte Gesundheitsbedrohung. Die Mehrheit der gesundheitlichen Beschwerden stehen in Zusammenhang mit den klimatischen Veränderungen, bzw. werden durch diese verstärkt.” Extremwetterereignisse und Naturgefahren treten in den Bergen immer häufiger auf. Das gefährdet sowohl Naherholungsräume, die für unsere körperliche sowie mentale Gesundheit wichtig sind, als auch lebenswichtige Ressourcen. Christa Kostron von den Omas gegen Rechts hielt fest: “Ungleiche Verteilung, Wasserknappheit und die Bedrohung der Ernährungssicherheit sind reale Probleme und wir müssen versuchen, sie in den Griff zu bekommen.”
Landwirtschaft, Industrie und Tourismus fordern Klimaschutzmaßnahmen
Protect Our Winters steht für Dialog und Kooperation im Kampf für mehr Klimaschutz. Beim Almgespräch der Wirtschaft haben wir wichtige Vetrtreter:innen aus der Landwirtschaft, dem Tourismus und der Outdoorsportindustrie an einem Tisch zusammengebracht. Gesprochen wurde über nachhaltiges Wirtschaften, Klimawandelanpassung und Klimaschutzmaßnahmen, sowie konkrete Forderungen an die Politik, mit Fokus auf die anstehenden EU-Wahlen.
Denis Dietrich, Global PR Manager beim Skihersteller Atomic verwies auf die Abhängigkeit der Skiindustrie von intakten Wintern: “Wir müssen unsere Verantwortung und unsere wirtschaftlichen Implikationen anerkennen. Ohne Wintersport gibt es kein Atomic mehr.” In diesem Zusammenhang plädierte er für mehr Zusammenarbeit innerhalb der Branche: “Auf den Rennpisten sind wir Konkurrenten, aber wenn es um die Klimastrategie geht, müssen wir zusammenarbeiten und können viel voneinander lernen.”
Bezüglich EU-Regularien, wie etwa dem Lieferkettengesetz, sprachen sich beide Vertreter der
Outdoorsportindustrie positiv gestimmt aus. Otto Leodolter, Geschäftsführer von Löffler Sportswear sagte: “Wir befürworten das Lieferkettengesetz, auch wenn wir es nicht im Detail kennen. Aber Fakt ist: Wir alle leben aktuell auf den Kosten der Dritten Welt Länder. Das muss uns bewusst sein und das muss man ändern. Löffler produziert in Europa und Transparenz ist der erste Schritt, die Verantwortung für die Lieferkette zu übernehmen.” “Die Frage des Wirtschaftsaufschwungs stellt sich nicht, wenn es so ein existentielles Thema ist. Als wirtschaftlicher Faktor steht es außer Frage.”, kommentierte Denis Dietrich von Atomic.
Im Gespräch mit Petra Fürstauer-Reiter von der Landwirtschaftskammer Salzburg wurde das geplante EU- Renaturierungsgesetz thematisiert. Fürstauer-Reiter kritisierte die fehlende Einbindung der Landwirt:innen beim Erarbeiten des Entwurfs, hielt aber auch fest: “Die Almwirtschaft könnte von der Renaturierung profitieren.”
Auch der Tourismus wird durch die EU-Poltik reguliert. In diesem Zusammenhang hat sich Protect Our Winters beispielsweise mit der geplanten EU-Taxonomieverordnung auseinander gesetzt, die es künftig möglich machen würde, Kurzstreckenflüge innerhalb Europas als grün labeln – was für die Entwicklung hin zu nachhaltigeren Tourismus natürlich ein enormer Rückschritt wäre. Theresa Geißel von Innsbruck Tourismus sagte dazu: “Oft siegt die Bequemlichkeit, auch wenn Nachhaltigkeit immer wichtiger wird. Es muss eben auch die entsprechenden Angebote geben. Sobald man im Zug ist, sollte man ein Urlaubsgefühl haben.” Ein europaweites, einheitliches
Buchungssystem für Züge wäre eine willkommene Maßnahme, die umweltfreundliche Anreise weiter zu fördern, so Geißel.
Manifest der Berggemeinschaft zur EU-Wahl
Diese und weitere Forderungen der Berggemeinschaft an die EU-Politik hat Protect Our Winters im EU-Manifesto niedergeschrieben. 169 Firmen, vorrangig aus der Bergsportindustrie, unterstützen dieses aktuell. Protect Our Winters will damit zeigen, dass Klimaschutz keine politische Richtung ist, sondern auch von der Industrie selbst eingefordert wird.
Almabtrieb zur Nationalratswahl
Den ganzen Almsommer lang berichtet POW auf Social Media über die von der Wirtschaft und Zivilbevölkerung geforderten Klimaschutzmaßnahmen. Im September, pünktlich zur Nationalratswahl, findet dann der Almabtrieb mit Vertreter:innen aller kandidierenden Parteien statt. Details zu Termin und Teilnehmer:innen werden rechtzeitig bekannt gegeben.