Active Campaign
Gegen Greenwashing in der EU-Taxonomie
Zusammen mit CLAW bekämpfen wir den Versuch der EU-Kommission, Flugzeuge und Schiffe, die fossile Brennstoffe nutzen, weitestgehend als “grün” zu kennzeichnen.
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Am 27.8. eingereicht wurde die Klage eingereicht
Zusammen mit CLAW und drei anderen NGO’s klagt POW.AT gegen den Beschluss der EU-Kommission zur neuen Taxonomieverordnung . Fossil betriebene Flugzeuge und Schiffe sollen im Zuge der EU-Taxonomie als nachhaltige Investitionen gekennzeichnet werden. Zusammen mit den NGOs Dryade und Fossielvrij NL sowie den Klimarechtsexpert:innen der Organisationen Opportunity Green und CLAW – Initiative für Klimarecht wurde die Klage am 27. August 2024 eingereicht.
Die EU-Taxonomie sollte der „Goldstandard“ für ethische und nachhaltige Investitionen sein. Sie sollte eine Liste von „grünen“ Investitionsmöglichkeiten bieten, um Unternehmen, Investor:innen und Entscheidungsträger:innen dabei zu helfen, Finanzströme in Aktivitäten zu lenken, die eine grüne und gerechte Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft fördern. Doch aktuell droht die EU-Taxonomie zu einem Greenwashing-Skandal zu werden.
Ende 2023 ergänzte die EU-Kommission die EU-Taxonomie um Kriterien für die Luft- und Schifffahrt. Diese erlauben es, fossile Schiffe und Flugzeuge als “grün” zu labeln – sofern diese minimalste Effizienzkriterien erfüllen. Im Januar 2024 forderte die NGO-Koalition bereits eine Überprüfung dieser Kriterien, doch die EU-Kommission lehnte den Antrag im Juni 2024 ab. Nun klagen die NGOs vor dem Europäischen Gericht (EuG), um eine Überarbeitung der Kriterien zu erzwingen und dem EU-gestützten Greenwashing ein Ende zu setzen.
Nach den derzeitigen Schifffahrtskriterien würden beispielsweise riesige Kreuzfahrtschiffe, die mit flüssigem Erdgas (Liquefied Natural Gas – LNG) betrieben werden, als „grün“ gelten. Diese Schiffe produzieren jedoch nicht nur CO2 im großen Stil, sondern emittieren auch enorme Mengen Methan in die Atmosphäre – ein Treibhausgas, das kurzfristig 80-mal stärker wirkt als CO2 (IPCC, Seite 87). Die festgelegten Kriterien für die Luftfahrt sind ihrerseits so schwach formuliert, dass 100 % der bereits getätigten Flugzeugbestellungen von Ryanair, EasyJet und Wizz Air sowie 90 % der anstehenden Flugzeuglieferungen von Airbus als „grün“ eingestuft werden könnten (zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von Transport & Environment).
Um einzelne Investitionen tatsächlich als nachhaltig einstufen zu können, verlangt die EU-Taxonomie-VO selbst schlüssige wissenschaftliche Nachweise dafür, dass die infrage kommenden Aktivitäten mit dem 1,5°C-Zielpfad vereinbar sind. Während die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor einem raschen Anstieg der Methanemissionen warnen, fördert die EU-Kommission aktiv Investitionen in Schiffe und Flugzeuge, die diese Entwicklungen noch beschleunigen. Angesichts der erwarteten „Lebensdauer“ von Flugzeugen und Schiffen, die mit 20 bis 50 Jahren anzusetzen ist, werden solche Investitionen unsere Erde, Meere und Luft für Jahrzehnte belasten und Einhaltung des 1,5°C-Zielpfads verunmöglichen.
Florian Graber von der Organisation CLAW – Initiative für Klimarecht sagt: „Wenn Luft- und Schifffahrt fälschlicherweise als grün klassifiziert werden, befeuert dies genau jene klimaschädlichen Entwicklungen, die durch die Taxonomie eigentlich verhindert werden sollen. Die Taxonomie sollte auf schlüssigen wissenschaftlichen Fakten basieren, nicht auf den Wünschen und Vorlieben der betroffenen Industriezweige. Deshalb ist die Klage richtungsweisend – es geht darum sicherzustellen, dass unsere Investitionsentscheidungen mit den Klimazielen und der diesen zugrundeliegenden wissenschaftlichen Faktenlage übereinstimmen.“
„Mit dieser Taxonomie-Änderung blockiert sich die Kommission auf dem Weg hin zu nachhaltiger Mobilität selbst. Anstatt die Verursacher von Emissionen zu sanktionieren und auf grünen Tourismus zu setzen, werden unsere Natur und Lebensgrundlagen weiter zerstört.”, sagt unser Geschäftsführer Moritz Nachtschatt und zeigt die Verbindung zum heimischen Tourismus auf: “In Österreich stehen mehr als zwei Drittel der Nächtigungen in direktem Zusammenhang mit unseren Seen und Bergen. Eine intakte Natur ist also Voraussetzung für den heimischen Tourismus und darf nicht durch selbigen zerstört werden.”
Die Klage wurde am 27. August 2024 eingereicht. Wir werden vertreten durch Fred Logue von FP Logue Solicitors und Tim Johnston (Berater in der Law Library in Irland und Brick Court Chambers in London) mit Unterstützung und Beiträgen von Odette Chalaby (No5 Chambers), Esther Drabkin-Reiter (Francis Taylor Building) und Margherita Cornaglia (Doughty Street Chambers).
Worum geht es?
- Die EU-Kommission ist im Begriff, unzähligen treibhausgasintensiven Flugzeugen und Schiffen durch eine Änderung der technischen Kriterien der EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten ein grünes Investitionslabel zu verleihen.
- Nach den Kriterien der Kommission könnte die Finanzierung von Schiffen und Flugzeugen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, als grünes Investment gekennzeichnet werden, wenn sie bestimmte, viel zu schwach ausgestaltete “Effizienz”-Kriterien erfüllen oder mit geringen Anteilen grüner Flugzeugtreibstoffe (Sustainable Aviation Fuels – SAF) fliegen.
- 100% der aktuellen Flugzeugbestellungen von Ryanair, easyJet und Wizz Air sowie 90% der Bestellungen von Airbus können nach diesen Regeln als “best-in-class” angesehen werden.
- Riesige Kreuzfahrtschiffe wie die MSC World Europa, die mit flüssigem Erdgas (Liquified Natural Gas – LNG) betrieben werden, würden nach diesen technischen Kriterien ebenfalls als “nachhaltig” im Sinne der Taxonomie gelten.
- Diese Taxonomie-Regelung sorgt dafür, dass klimaschädliche Flugzeug- und Schiffstypen aufgrund ihrer langen Lebensdauer von 20 – 50 Jahren noch Jahrzehnte weiter betrieben werden, was die EU-Klimaziele für 2030 und 2050 ernsthaft gefährdet.
Es gibt keine fundierten wissenschaftlichen Belege für diese neuen Kriterien und sie gefährden möglicherweise rechtlich bindende Klimaziele der EU. Diese Anfechtung ist die jüngste in einer Reihe von Klagen (ohne unsere Beihilfe), die gegen die Kommission eingereicht wurden, weil sie Tätigkeiten, die auf fossilen Brennstoffen basieren, unter dem Vorwand, es handle sich um „Übergangstätigkeiten“, in die Taxonomie aufgenommen hat.
Für Österreich ist die Änderung auch in Zusammenhang mit dem Verkehrsaufkommen im Wintertourismus relevant. 2023 sind am Flughafen Innsbruck rund 2300 Flugzeuge aus England, den Niederlanden und Skandinavien mit mehrheitlich Skitourist:innen an Board gelandet. Die Taxonomie Änderung hätte zur Konsequenz, dass auch diese Flüge mehr werden können und dabei grün gelabelt sind. Und das, obwohl es aus und in all diese Länder auch gute Nachtzugverbindungen gibt, die zum Teil direkt ins Skigebiet fahren.