Österreichische ÖV-Systeme auf dem Prüfstand – Erfahrungen der POW-Community

Die Berge zu jeder Jahreszeit genießen und dabei aus Rücksicht auf die Umwelt das Auto zu Hause stehen lassen, hört sich in der Theorie meistens einfacher an, als es in der Praxis oft ist. Stolpersteine, wie das Zurücklegen der letzten Kilometer zum Ausgangspunkt einer Tour, ungünstige Taktungen oder mehrmaliges Umsteigen mit schwerem Equipment und lange Wartezeiten lassen die Anreise mit dem Auto verlockend erscheinen. Man mag es kaum glauben, aber trotz Hindernissen ist es möglich, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu Bergabenteuern anzureisen und eine großartige Zeit zu haben. Wir wollen euch zur Europäischen Mobilitätswoche mit einigen Erfahrungsberichten aus unserer POW-Community zeigen, dass es einfacher ist als gedacht. Dazu haben wir uns einige Fragen gestellt und unser Team hat geantwortet: 

Wo (Region) und wann (Jahreszeit) nutzt du die öffentlichen Verkehrsmittel zur Anreise für Outdoor-Aktivitäten?

Die POW-Community nutzt die öffentlichen Verkehrsmittel ganzjährig, um in die Berge zu kommen, wobei sich dies im Winter für viele einfacher gestaltet. In vielen Wintersportgebieten in Tirol und Salzburg gibt es erhöhte Taktungen der Öffis oder gratis Skibusse zu den Skigebieten, was Urlauber wie Einheimische dazu einlädt, das Auto stehen zu lassen.

Im Sommer reisen unsere Mitglieder regional, vor allem rund um Innsbruck, wie österreichweit zum Sporteln mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an. Auch im Urlaub, etwa zur An- und Abreise von mehrtägigen Radtouren greift unsere Community auf öffentliche Verkehrsmittel zurück.

Florian U. (Seefeld/Scharnitz, Tirol): Ich benutze Bus und Bahn aktuell hauptsächlich in der Olympiaregion Seefeld/Scharnitz zu jeder Jahreszeit. Egal ob es für eine Skitour, zum Wandern oder zum Trailrunning ist, dadurch kann ich günstig und spontan die ganze Region erkunden und auch mal weitere Strecken zurücklegen, ohne an den Rückweg denken zu müssen.

(c) Yvonne Lesewa

Zur Ausübung welcher Sportarten benützt du den öffentlichen Verkehr?

Die am häufigsten genannten Sportarten, zu welchen die POW-Community öffentlich anreist, waren Skifahren, Snowboarden sowie Wandern, Mountainbiken, Trailrunning und Skateboarden. Auch das Skitourengehen bzw. Splitboarden funktioniert in einigen Regionen, etwa rund um Obertauern, mit dem Bus ganz gut.

Danilo F. (Innsbruck): Für (fast) jedes Gebiet in der Umgebung von Innsbruck verwende ich für die meisten Sportarten den Bus. Im Winter und Sommer. Sogar für Skateboard-Trips nach Rum, Hall, Brixlegg, Zirl, etc.

Anna S. (Innsbruck): Eigentlich immer! Mit ein bisschen Öffi-Erfahrung findet man immer Touren, die öffentlich erreichbar sind. Die Touren, bei denen das nicht möglich ist, sind in Wahrheit sehr selten. Und falls doch, bietet sich so eine Tour ja optimal für die Kombination “Bike & Hike” an.

Empfiehlst du die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln in der Freizeit? Wenn ja, warum?

Die Gründe, öffentliche Verkehrsmittel in der Freizeit zu nutzen sind oft sehr verschieden. Von der Praktikabilität bei Gebirgsüberschreitungen und Touren mit unterschiedlichem Ziel- wie Ausgangspunkt, von Zeit-, Kosten- und Stressersparnis, bis hin zum Gemeinschaftsgefühl bei einer gemeinsamen Heimfahrt im Zug, spielt auch der Umweltfaktor eine tragende Rolle. 

Florian U. (Seefeld/Scharnitz, Tirol): Wenn ich mir die Verkehrsbelastung der Strecke von Innsbruck nach Scharnitz anschaue, kann ich wirklich nur den Zug empfehlen. Es ist eine wunderschöne Strecke und an einem Samstagvormittag (wenn der Rückreiseverkehr am stärksten ist) ist man sicher fast gleich schnell, wenn nicht sogar schneller. Außerdem gibt es hier wirklich einmalige Karwendel-Durchquerungen, welche wieder in Innsbruck enden. Da will man dann auch nicht wieder das Auto suchen gehen.

Anna S. (Innsbruck, Tirol): Durchschreitungen sind für mich das größte Argument für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel! Das geht mit dem Auto einfach nicht, dass man woanders startet wie endet. Da müsste man dann erst wieder mit Öffis das Auto holen fahren oder sich ein teures Taxi leisten, da kann man gleich mit den Öffis fahren! Besonders cool ist es im Winter oder auch beim Mountainbiken, wenn man durch die öffentliche Anreise auf mehr Abfahrtsgenuss kommt als die Autofahrer:innen. Im Sommer hingegen ist es auch einmal ganz angenehm, wenn man sich durch die Rückfahrt per Öffis ein paar Höhenmeter bergab spart und dadurch seine Kniegelenke schont.

(c) Innsbruck Powder People

Gibt es Gründe für dich, den öffentlichen Verkehr nicht zu nutzen? Wenn ja, welche?

So zahlreich die Gründe für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Freizeitgestaltung sind, gibt es dennoch Argumente, die fallweise gegen eine Nutzung der Öffis sprechen und die POW-Community stattdessen aufs eigene Auto oder Fahrgemeinschaften setzen lassen. So sind späte Abfahrtszeiten in der Früh sowie zu weite Entfernungen der Haltestellen zu den Tourenausganspunkten die entscheidendsten Argumente gegen das Nutzen des öffentlichen Verkehrs. Auch der Radtransport in Bus und Bahn ist oft kompliziert, nur eingeschränkt oder auf Voranmeldung möglich. Als Alternative werden hier meistens Fahrgemeinschaften gebildet, zu den Skitouren wie auch zu den Auswärtsspielen des Fußballvereins.

POW-Member (Wien): Ich fahre gelegentlich von Wien nach Innsbruck, um dort Freunde zu besuchen und gemeinsam Biken zu gehen. Allerdings fährt kein einziger Zug der ÖBB, der mir erlauben würde ein 29“ MTB mitzunehmen, da die Aufhängevorrichtungen nicht für so „große“ Räder ausgelegt sind. Zudem sind die Fahrradstellplätze auf dieser Strecke auch immer sehr begrenzt und deshalb auch meist sofort ausgebucht. Auf anderen Strecken innerhalb Österreichs, etwa nach Kärnten, gibt es hingegen einen eigenen Wagon für Fahrräder. In diesen Wagon passen auch Räder aller Größen rein.

Anna S. (Innsbruck, Tirol): Die Preise für Zug- und Bustickets bei Einzelkarten sind derzeit immer noch so hoch, dass Autofahren auf den ersten Blick billiger erscheint. Mit dem Kauf einer Jahreskarte erübrigt sich diese Diskussion jedoch. Die horrenden Summen für Parktickets darf man hier auch nicht außer Acht lassen! Vor allem mit dem neuen Klimaticket passiert gerade ein Riesenschritt! Für die Freizeitmobilität braucht es aber auch unbedingt kostengünstige Varianten für das jeweilige Heimatbundesland.

(c) Yvonne Lesewa

Hast du besondere Erinnerungen an ein Outdoor Abenteuer mit den Öffis?

Verena G. (Mauterndorf, Salzburg): Im Herbst 2020 sind wir zu siebt mit dem ersten Bus um halb sieben von Mauterndorf nach Obertauern gefahren, um von dort aus aufs Große Gurpitscheck zu wandern und dann den Grat entlang die mehr als 15 km wieder zurück nach Mauterndorf bis vor unsere Haustüren zu gehen. „Hoam geh“ war selten so aussichtsreich, abenteuerlich und lustig. Eine der besten, wenn auch zapfigsten Touren ever! 

Florian U. (Seefeld/Scharnitz, Tirol): Für den Stoneman in Südtirol bin ich mit Freunden mit dem Bus von Innsbruck nach Sillian angereist. Wir mussten uns aufgrund des Platzmangels auf mehrere Busfahrten aufteilen. Hat uns aber auch nicht weiter gestört und das Rennen war trotzdem absolut episch.

Headerbild: (c)alpine-pearls-dietmar-denger

Author: Verena Gruber