TEIL I: SOULRIDE BIKEPACKING – 8 TAGE, 3 LÄNDER, 4 FREUNDE

Im letzten Artikel haben wir euch bereits gezeigt, wie klimafreundliches Reisen und Urlauben theoretisch funktionieren kann. Ein inspirierendes und motivierendes Praxis-Beispiel zeigen uns jetzt Nadja, Simon, Fabi und Vonny. Sie sind 8 Tage mit ihren Gravelbikes durch Italien, Slowenien und Kroatien gereist – und das ohne Flugzeug oder Auto. Hier geben wir euch einen kleinen Einblick in ihr Bikepacking-Abenteuer:

DER PLAN – WENIGER IST MANCHMAL MEHR

Ursprünglich sollte die Reise mit den Bikes drei Wochen durch Griechenland gehen, allerdings mussten wir unseren Plan vor allem aus zeitlichen Gründen kurz vor Start kippen. Das bedeutete für uns: wir brauchen ein neues Ziel! Wir hatten bereits ein paar coole Bikepacking-Geschichten aus Slowenien und Kroatien gehört. Da beide Ziele von Innsbruck nicht weit entfernt sind und der Startpunkt gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist, war die Wahl schnell getroffen. Einen detaillierteren Plan gab es eigentlich nicht. Die Route wurde von unserem Startpunkt aus mit der App Komoot grob um einige Highlights herum geplant, über die wir noch gelesen hatten. Ansonsten wollten wir uns „treiben“ lassen und sehen, wie weit uns unsere Beine bringen. 

(c) Simon Beizaee

DIE CREW – VIER FREUNDE, EIN TEAM

Die Crew, das sind Simon, Vonny, Fabi und meine Wenigkeit Nadja. Wir leben alle in Innsbruck und kennen uns schon länger, aber waren noch nie in dieser Konstellation gemeinsam unterwegs. Wir sind keine Hardcore-Athleten und keine überambitionierte Bike-Crew, sondern einfach nur vier Freunde, die Lust auf eine gemeinsame und gute Zeit auf zwei Rädern haben. Für uns stehen nicht die gefahren Kilometer im Vordergrund – vielmehr wollen wir die Kultur der einzelnen Länder aufsaugen, in türkis-klarem Wasser baden, Pizza essen, von Klippen springen und bei Meerresrauschen unter Sternenhimmel einschlafen. Daher nennen wir unser Projekt auch liebevoll „Soulride-Bikepacking“.

DAS EQUIPMENT – SO VIEL WIE NÖTIG

Unsere Wahl für die Bikes fiel auf Gravel-Räder von Giant und Liv. Diese Art der Bikes haben uns die beste Kombination aus Off-& On-Road-Fahrrad geboten, welche uns im Gegensatz zum Mountainbike auch noch etwas mehr Geschwindigkeit liefern. Da wir im Hochsommer unterwegs waren und biwakieren wollten, hatten wir nur Isomatte und Schlafsack, Wechsel-Klamotten, Hygiene & Technik-Gear und ein paar wenige Kochutensilien dabei. All das haben wir in wasserfesten Lenker-, Gabel-, Rahmen- und Satteltaschen von Ortlieb verstaut, die wir auf jeden Fall empfehlen können. Sie haben immer alles gut zusammengehalten, auch wenn es mal ruppiger wurde. Auch mit unserer Bikewear (Trikots, Bib-Shorts, Windbreaker und spezielle Radsocken) von AGU waren wir sehr zufrieden: komfortabel, leicht und teilweise auch aus Merinowolle. Perfekt also auch für lange Touren. 

(c) Simon Beizaee

DIE ETAPPEN – ON ROAD, OFF ROAD, MEER & REPEAT

Für Vonny und Simon war es die erste Bikepacking-Reise, ich selbst habe letztes Jahr bereits einen Solo-Trip hinter mir und fahre auch so recht viele Stunden auf meinem Gravel und Fabi (intern nennen wir ihn gerne „Legs of Steel“) ist der mit Abstand Erfahrenste sowie Fitteste auf dem Bike und damit auch unser auserwählter Reiseleiter. Unsere erste gemeinsame Tour führte uns 8 Tage lang, knapp 400 km und 6.500 Höhenmeter durch Italien, Slowenien und für einen Großteil der Reise durch Kroatien. Die Temperaturen lagen am Tag meistens über 30 Grad, dazu wenig Schatten und kein einziger Regentropfen während der gesamten Reise. So viel zu den Gegebenheiten, hier nun unser persönliches Radl-Logbuch mit ausführlicheren Infos zu den Etappen. 

Tag 1: Von Innsbruck über Triest, Italien nach Izola, Slowenien 

Treffpunkt 10 Uhr Innsbruck Hauptbahnhof. Mit den beladenen Bikes steigen wir in den Zug Richtung Brenner. Nach dreimal Umsteigen erreichen wir 6,5 Stunden später Triest Centrale, Italien: der Startpunkt unserer Tour. Dort angekommen schlagen wir uns direkt auf den Bikes durch das städtische Straßenchaos und das auch noch bei Feierabend. Erleichtert erreichen wir den ersten beschilderten Radweg, der uns gleich mit den ersten schönen Aussichten auf das Mittelmeer überrascht. Direkt hinter Triest liegt die Grenze zu Slowenien, die wir nur durch ein Straßenschild entlang des Radwegs wahrnehmen und recht schnell passieren.

Ab hier fahren wir ein Stück entlang der Euro Velo 8 Fernradroute, die uns zunächst auf einem neu asphaltierten Weg an der wunderschönen Küste vorbeiführt, später geht es wieder etwas mehr auf einem Feldweg ins Hinterland. Da es bereits dunkel wird, steuern wir unser erstes Nachtlager in der Nähe von Izola an. Auf GoogleMaps finden wir einen abgelegenen Olivenhain mit Blick auf die Küste. Wir machen Bekanntschaft mit ein paar kläffenden Hunden, die uns zum Glück recht schnell in Ruhe lassen. Bevor wir müde auf unsere Isomatten unter alten Olivenbäumen fallen, zaubert uns Vonny noch ein einfaches, aber gutes und sättigendes Abendessen. 

(c) Simon Beizaee

Tag 2: Von Izola, Slowenien über alte Bahntrassen nach Beram, Kroatien  

Außer ein paar lauten Geräuschen von slowenischem Wildlife (Wildschweine?) hat uns in der ersten Nacht unter freiem Himmel niemand gestört. Nach ein paar kleinen Anlaufschwierigkeiten steuern wir direkt einen Strand an. Nach nur 10 Minuten Fahrt sind wir endlich das erste Mal direkt am Meer. Und es kommt noch besser: Es gibt sogar Café & frische Croissants. Gesättigt und frisch gebadet sind wir bereit für unsere erste längere Ettappe. Wir folgen der Strecke der Euro Velo 8 weiter bis wir die kroatische Grenze passieren. Der Grenzwährter schaut etwas mürrisch und kritisch. Ich bin überzeugt, dass wir nicht durchkommen, dabei wollte er uns offenbar nur lächeln sehen. Gesagt, getan. Und schon haben wir die kroatische Grenze bei Secovlje überschritten. Dobrodošli Kroatien!

Jetzt verlassen wir den E8 und fahren auf dem Fernradweg „Parenzana“. Eine alte Bahntrasse, die 2009 mit der Hilfe von EU-Mitteln zum Radweg umgebaut wurde. Die Gesamtstrecke von ca. 116 Kilometern beginnt in Italien, führt durch Slowenien und Kroatien. In Italien und Slowenien ist es ein gut asphaltierter Radweg, wie wir ihn bei uns kennen. Ab Kroatien beginnt der nicht asphaltierte, etwas wildere Teil. Wir integrieren auf unserer Tour eine ca. 30km lange Teilstrecke hiervon. Der Weg schlängelt sich über dem Tal der Mirna, immer in erträglichen Steigungen über Viadukte, durch Tunnels und viele der ehemaligen Bahnhöfe. Die Strecke ist teilweise wirklich ziemlich ruppig mit sehr steinigen Schotterpassagen und ist eigentlich besser für Mountainbikes geeignet. Doch unsere vollbepackten Gravelbikes schlagen sich erstaunlich gut. Außerdem sind die Landschaft und imposanten Aussichten Motivation genug, um die einsamen Bergstrecken auch auf schwierigen Untergrund weiter zu erkunden.

In meinem Kopf spielt irgendwann nur noch das Lied „36 Grad und es wird noch heißer“, denn neben der etwas anspruchsvolleren Strecke ist es heute auch unglaublich heiß – mit 35 Grad im Nacken sind die Wasserflaschen schnell leer und wir freuen uns, vom Hinterland endlich wieder ein Dorf zu erreichen: die mediterran angehauchte Mittelalterstadt Motovun. Hier kommen wir wieder zu Kräften und gönnen uns ein wenig Schatten.

(c) Simon Beizaee

Ab Motovun verlassen wir bald die „Parenzana“ und fahren weiter auf asphaltierten Straßen – leider auf einer etwas stärker befahreneren Hauptstraße – mit ein paar Anstiegen bis nach Beram bei Pazin. Kein besonders sehenswerter Routenpunkt, doch die Bar an der Straße mit ihren gekühlten Getränken hat uns schnell überzeugt. Ein paar Pivos (kroatisches Bier) und Essen später geht es auf Schlafplatz-Suche. Da es wieder bereits dunkel ist und wir diesmal nicht vom Wildlife geweckt werden wollten, schlagen wir auf einem alten Sportplatz unser Lager für die Nacht auf. 

Tag 3: Von Beram über Brestova auf die Insel Cres mit Halt in Porozina 

Heute geht das Zusammenpacken schon wesentlich schneller. Noch kurz ein Müsli essen und dann geht es direkt um 7 Uhr los, denn wir wollen den heutigen langen Anstieg bis vor der Mittagssonne hinter uns zu lassen. Auf dem Programm stehen hauptsächlich asphaltierte Haupt- und Nebenstraßen von Beram über das Kastell von Pazin ca. 35 Kilometer bis Plomin.  Nach mehreren steileren Passagen in Plomin angekommen, dem vorletzten kleinen Dorf vor dem Fährenzustieg, suchen wir Schatten vor der brüllenden Mittagshitze. Von hier haben wir bereits einen tollen Ausblick auf die Küste Istriens und sehnen uns nach einer Abkühlung. Bevor es weiter geht, gönnen wir uns noch eine frische Pizza und kalte Getränke.

Von hier fahren wir zum Glück fast nur noch in langen Serpentinen bergab zur Fähre nach Brestova, die uns auf die Insel Cres bringen soll. Hier nutzen wir unser freies Zeitfenster bis zur nächsten Fähre, um ins Meer zu hüpfen. Nach einer halbstündigen Fährfart kommen wir auf der Insel Cres an. Auf google maps finden wir eine Bucht ums Eck bei Porozina, die wir direkt ansteuern. Zur Bucht müssen wir die Bikes runtertragen, aber es lohnt sich: Es ist ruhig, das Wasser ist türkis und glasklar, außerdem gibt es Bäume, um die Hängematte aufzuspannen und angeschwemmtes Treibholz für ein Lagerfeuer. Da der Spot geradezu perfekt für ein Nachtlager ist, entscheiden wir uns, hier zu bleiben und uns den steilen Anstieg für morgen früh aufzusparen. Wir spielen Karten am Lagerfeuer, kurieren unsere müden Beine aus und schlafen zufrieden ein.

(c) Simon Beizaee

Tag 4: Von Porozina zum Ort Cres & Erkundungstour

We eat hills for breakfast! Direkt nach dem Aufstehen geht es erstmal über einen längeren Anstieg auf einer kleinen Straße, die sich immer oberhalb entlang der Küste schlängelt, weiter in Richtung Süden der Insel. Links von uns zunächst etwas Wald, je höher wir kommen, desto mehr Steine und karge Vegetation inklusive Schlangen begegnen uns. Rechts von uns haben wir immer wieder eine wunderschöne Aussicht auf das Meer und das Festland. Die Sonne enttäuscht uns auch heute nicht und lässt uns bei knapp 30 Grad am Morgen ordentlich schwitzen.

Da dies der einzige Weg zur Fähre ist, herrscht hier in der Saison normalerweise viel Verkehr. Wir haben Glück, kommen uns heute nur ein paar Autos entgegen, ansonsten haben wir die Straße für uns. Schon bald erreichen wir den Kamm, wo wir einen phänomenalen Panoramablick über beide Seiten der Inseln haben.  Wir haben den anstrengenden Teil hinter uns, nun können wir den langen Part bergab zum Ort Cres genießen. Hier gönnen wir uns eine Unterkunft zum Aufladen – für unsere Technik und auch für uns selbst. Wir schieben noch ein Sonnenuntergangsshooting in der Bucht von Cres ein und erkunden den Ort. 

(c) Simon Beizaee

Hier gehts zum zweiten Teil „Soulride-Bikepacking: 8 Tage, 3 Länder, 4 Freunde“

Headerbild (c) Simon Beizaee, theoutsidefactory

Author: Nadja Schmidt