POW-Award Platz 3: Die Auswirkungen des Klimawandels auf die mentale Gesundheit in Vorarlberg
Ein Schwerpunkt in der Arbeit von POW ist die Förderung von Klimabildung junger Menschen. Im Rahmen des POW-Bildungsawards werden jedes Jahr herausragende Vorwissenschaftliche Arbeiten zu den Themen Klimawandel, Wintersport und Tourismus von einer Jury prämiert. Platz 3 ging 2024 an Ellen Behnke vom BG Gallusstraße in Bregenz. In diesem Blogartikel hat sie ihre Arbeit für uns zusammengefasst:
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die mentale Gesundheit in Vorarlberg
Durch intensive Wetterereignisse in kürzeren Zeitperioden rückt der Klimawandel seit einigen Jahren zunehmend in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Österreich droht zwar nicht wie der Inselstaat Tuvalu im Meer zu versinken. Allerdings spüren wir auch hierzulande die Auswirkungen der Erwärmung. Daher ist es notwendig zu verstehen, welchen Einfluss der Klimawandel auf uns hat. Bei der Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit des Menschen werden bisher fast ausschließlich die physischen und weniger die psychischen Folgen untersucht.
Im Zentrum meiner Vorwissenschaftlichen Arbeit stehen die Auswirkungen auf die mentale Gesundheit. Die Forschungsfrage lautete: Inwieweit beeinträchtigen Wetterextreme, wie Hitzewellen, Überschwemmungen oder Dürren, die mentale Gesundheit in Vorarlberg? Zur Beantwortung der Frage, wurde mit Literaturrecherche und zwei Fragebögen gearbeitet, um Informationen über Einstellungen, Wissen und Verhaltensweisen von Menschen zum Thema Klimawandel in Vorarlberg zu gewinnen. Spezifisch wurden in der Studie medizinisches Fachpersonal und die allgemeine Bevölkerung befragt.
Zusammenhang Klimawandel und mentale Gesundheit
Der Klimawandel ist mittlerweile ein dauerhaft vorhandener Umweltstressor. Seine Auswirkungen, z.B. bei Extremwetterereignissen werden oft als (lebens-) gefährlich wahrgenommen, sind schwer vorherseh- und abschätzbar. Relativ neu ist die Erkenntnis, dass der Einfluss auf die mentale Gesundheit nicht nur nach, sondern sogar schon vor potenziellen Extremwetterereignissen auftreten kann. Die zunehmende Präsenz des Klimawandels in den Medien, durch die die Bevölkerung konstant mit dem Klimawandel und dessen negativen Folgen konfrontiert wird, kann bereits Besorgnis, Ängste, Disstress, depressive Symptome bis hin zu klinischen Störungen auslösen. Hierbei kann es sich um Angstzustände und Schlafstörungen bis hin zu Depressionen, posttraumatischem Stress und Selbstmordgedanken handeln. Der Klimawandel ist damit in psychologischer Perspektive vergleichbar mit anderen Risikobereichen wie atomaren Bedrohungen und Terrorismus.
Die folgende Abbildung gibt eine Übersicht über die möglichen Folgen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit.
Im Rahmen meiner Vorwissenschaftlichen Arbeit habe ich mit Literaturrecherche und zwei Fragebögen gearbeitet, um Informationen über Einstellungen, Wissen und Verhaltensweisen von Men-schen zum Thema Klimawandel in Vorarlberg zu gewinnen. Spezifisch wurden in der Studie medizinisches Fachpersonal und die allgemeine Bevölkerung befragt.
Erkenntnisse aus den Befragungen
Am häufigsten werden im Zusammenhang mit dem Klimawandel emotionale Belastungen, wie Ängste, Sorgen, Stress, Gefühle der Hilfslosigkeit und /oder Überforderung (76%) beobachtet, gefolgt von Zukunftsängsten (68%). Deutliche negative Auswirkungen zeigen sich bei der Lebensqualität (48%) und Schlafveränderungen (44%). Den geringsten Effekt sehen die Teilnehmenden durch den Klimawandel auf die soziale Isolation (12%) bzw. Zunahme von Konflikten und Aggression (16%).
Beobachtete psychische Auswirkungen:
Ergänzende Legende der Auswirkungen:
- Emotionale Belastungen (Ängste, Sorgen, Stress, Gefühle der Hilfslosigkeit und /oder Überforderung)
- Zunahme von Konflikten, Gewalt und Aggression beispielweise aufgrund von Hitze
- Schlafveränderungen oder -störungen
- Soziale Isolation oder Einsamkeit
Beide Zielgruppen sehen deutliche Konsequenzen auf die mentale Gesundheit. Sie schätzen Zukunftsängste, emotionale Belastungen und Verlust von Lebensqualität als erheblichste Auswirkungen ein. Deutliche Unterschiede gibt es in der Bewertung von Schlafveränderung, Depressionen und emotionale Belastungen. Die medizinischen Fachpersonen schätzen diese Belastungen bei ihren Klientengruppen deutlich höher ein als die allgemeine Bevölkerung.
Auffallend ist, dass die allgemeine Bevölkerung die Belastungen eher im Umfeld beobachten als bei sich selbst.
Unterschiedliche Wissensstände:
Es besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen den befragten Zielgruppen hinsichtlich dem Wissenstand über die Auswirkungen auf die mentale Gesundheit.
Fazit und weiterführende Forschungsfragen:
Der Klimawandel nimmt Einfluss auf die mentale Gesundheit der Menschen in Vorarlberg. Der Informationsgrad zwischen medizinischen Fachpersonen und der allgemeinen Bevölkerung unterscheidet sich erheblich. Die größten Einflüsse auf die mentale Gesundheit haben Zukunftsängste, der Verlust von Lebensqualität und emotionale Belastungen, wie Sorgen, Stress und gefühlte Hilflosigkeit. Der Klimawandel hat negative und auch positive Einflüsse. Erwähnenswert ist hier vor allem, dass der spürbare Klimawandel zum Nachdenken, Gemeinschaftsgefühl und Austausch in der allgemeinen Bevölkerung beiträgt. Die Verantwortung für den weiteren Umgang mit den psychischen Auswirkungen in Vorarlberg liegt auf individueller, gesellschaftlicher und politischer Ebene. In den Strategien der Vorarlberger Landesregierung zur Anpassung an die Klimakrise werden die Auswirkungen auf die mentale Gesundheit bisher nicht berücksichtigt. Für weiterführende Forschungen wäre interessant:
- Was genau die Ursache des Wissensunterschieds zwischen dem medizinischen Fachpersonal und der allgemeinen Bevölkerung ist.
- Wie Medienartikel angelegt sein müssen, um nachhaltig auf Möglichkeiten der Förderung mentaler Gesundheit hinzuweisen.
- Zu untersuchen, was Gemeinschaftsaktionen und Bildungseinrichtungen in Vorarlberg zur Förderung der Resilienz beitragen.
- Wie die Politik die Auswirkungen des Klimawandels auf die mentale Gesundheit mittelfristig, bzw. langfristig bewertet.
Ellen Behnke wurde im Rahmen des POW-Awards 2024 mit dem dritten Platz ausgezeichnet.