“RADgeber” zur Fahrradmitnahme im öffentlichen Verkehr – Teil 1

Im letzten Blogartikel Verkehr in der Klimakrise wurde deutlich, dass die aktive Mobilität (Radfahren, zu Fuß gehen) sowie der öffentliche Verkehr in den nächsten 20 Jahren in Österreich deutlich mehr genutzt werden müssen, damit die Klimaziele erreicht werden können. Egal ob Mountainbike, Bikepacking, Rennrad, oder für den kurzen Weg zum Strand – auch im Urlaub möchten viele Menschen mittlerweile nicht auf das Radeln verzichten. Einige transportieren dazu ihre Zweiräder tausende Kilometer weit mit dem Auto. Wer aber auf lange Staus auf dem Weg in den Urlaub verzichten möchte und lieber umweltfreundlich zum Urlaubsziel gelangt, kann auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Klingt toll, ist aber manchmal gar nicht so einfach, denn die Planung und Buchung von Öffifahrten mit Fahrrad gleicht einem Dschungelabenteuer. Unser POW-Redaktionsteam hat einen Leitfaden entwickelt – sowohl für eine bundesweite als auch eine spezifische Übersicht für die Bundesländer. So soll eine unkomplizierte und einfache Planung der nächsten Radreise ermöglicht werden, über Alternativen wie Leihräder aufgeklärt werden oder wie der Arbeitsweg mit dem Rad in Zukunft noch angenehmer werden kann. In Teil 1 werden Falträder und der Fernverkehr betrachtet. 

RADgeber

Die nachfolgenden Kapitel gliedern sich aufgrund der unterschiedlichen Regeln in 

  1. Falträder
  2. Fernverkehr
    • ÖBB (Railjets [RJ, RJX], Nightjet [NJ], Eurocity [EC] und Intercity, Intercity-Express [ICE]), 
    • WESTbahn
    • Flixbus
  3. Nahverkehr
    • ÖBB-Nahverkehrszüge
    • Privatbahnen
    • Verkehrsverbünde (Busse in den Bundesländern)
  4. Stadtverkehr

Zur Halbzeit nach dem Fernverkehr werden noch die wichtigsten Regeln zusammengefasst, damit nichts mehr schiefgehen kann.

Die Mitnahme von Sperrgepäck im Öffentlichen Verkehr gestaltet sich auf den ersten Blick alles andere als übersichtlich.
© Luca Jaenichen

1. Falträder

Wer sich Extragebühren und Planungsaufwand von vornherein sparen möchte, reist mit dem (E-) Faltrad, denn dieses darf zusammengefaltet meist als normales Gepäckstück mitreisen. Derzeit gibt es sogar eine Förderung vom Klimafonds für die Anschaffung von (E-) Falträdern. 

  • Zusammengeklappte Falträder mit einer Maximalgröße von 90x60x40cm können kostenlos in allen ÖBB Zügen mitgenommen werden.
  • Große Falträder mit den Maximal-Maßen 110x80x40cm dürfen in allen ÖBB Nahverkehrszügen und in allen ÖBB Railjets jeweils ausschließlich in den gekennzeichneten Mehrzweck- und Gepäckabteilung kostenfrei und ohne Reservierung mitgenommen werden.
  • Fahrräder mit Maßen größer als 110x80x40cm gelten (bei den ÖBB) als normale Fahrräder. Folgende Maximalgrößen dürfen sie nicht überschreiten:  Länge: 185 cm, Höhe: 110 cm. Breite: 60 cm, Raddurchmesser: 28 Zoll, Reifenbreite: 4,2 cm, Maximalgewicht: 30kg. 
  • In der WESTbahn können Klapp- und Falträder in geschlossenen Transporttaschen kostenlos als Gepäck mitgenommen werden.

2. Fernverkehr

In Tab. 1 werden alle wichtigen Informationen zur Fahrradmitnahme im Fernverkehr aufgezählt. Außerdem gilt ganz allgemein, sowie für die ÖBB, die Westbahn und den Flixbus:

  • Vor dem Eintreffen des Zuges sollten mögliche Gepäckstücke (z.B. Packtaschen) vom Rad genommen werden, damit das Einsteigen leichter geht. Wird das Rad bei Bussen am Heck transportiert, muss nahezu alles entfernt werden.
  • Im Zug sollte das Rad stets abgesperrt sein, wie die Anbieter darauf hinweisen.

ÖBB

  • Die Preise der ÖBB für die Fahrradmitnahme hängen davon ab, wann und wo das Ticket gekauft wird. Je früher, desto billiger ist es und auch online ist es günstiger als beim Automaten, beim Ticketschalter oder im Zug.
    • Bsp. Einzelfahrt, spontane Buchung Innsbruck – Graz, EC direkt, für ein Fahrrad: 10,40€. Wird bis nach Salzburg mit dem RJ bzw. dem RJX gefahren und dann mit dem EC oder IC nach Graz weiter, müssen rund 11€ gezahlt werden. Wird bereits früher gebucht, können bis zu 2€ gespart werden. 
    • Wird für einen Zeitraum das Fahrrad länger mitgenommen, kann die Wochen- bzw. Monatskarte gleich einmal billiger sein. Ibk – Graz: 17,80€ pro Woche bzw. 62,30€ pro Monat. Jedoch muss für jede Fahrt noch separat ein Stellplatz um 3€ reserviert werden.
  • Fahrräder mit einer Länge von über 185 cm, Höhe über 110 cm, Breite über 60 cm, Reifengröße ab 28 Zoll, Reifenbreite mehr als 4,2 cm sowie ein Maximalgewicht von 30 kg bzw. Tandems, Liegeräder und Fahrradanhänger können nur in speziellen Gepäckabteilen transportiert werden. Dafür sind eigene Reservierungen notwendig, die online nicht möglich sind! 
  • Im RJ und RJX befindet sich in der Regel im ersten Wagen hinter der Lok die Fahrradzone mit gekennzeichneten Sitzplätzen. Dort gibt es Platz für 5 bis 7 Räder, wobei sich diese Anzahl je nach Zugtyp und Strecke auch ändern kann. 
  • E-Bikes sollten vor Fahrtantritt aufgeladen sein! Während der Fahrt dürfen in der ÖBB die Akkus nicht in den Zügen geladen werden!
  • Geht es über die Grenze hinaus, kostet eine Einzelfahrt mit dem Biking-International-Ticket für das Fahrrad 12€ + 3€ für die Reservierung. Dies gilt jedoch nur für ÖBB-Züge. Sobald in einem internationalen Zug umgestiegen wird, muss ein Extra-Ticket gekauft werden. 
  • Mit dem Gepäckservice der ÖBB bietet die Staatsbahn eine Abholung und Zustellung des Fahrrads zu einer Wunschadresse an, in Österreich um 49€ pro Strecke und Fahrrad, in Südtirol und Deutschland um 90€. Bis zum 30.09. gibt es zudem noch Aktionspreise, mit dem Besitz eines Klima-Tickets sind dann nur noch 25€ zu zahlen. 

WESTbahn

  • Die WESTbahn wirbt mit einem einfachen Einstieg bei ihren Niederflur-Garnituren. Zudem können bis zu zwölf Fahrräder pro Zug mitgenommen werden. Außerdem erklären sie in einem Video, wie das Fahrrad am besten abgestellt werden soll.

FlixBus

  • Im FlixBus ist die Fahrradmitnahme meistens möglich, jedoch sind die Plätze meistens begrenzt.  Je nach Bus können bis zu fünf (Fahrradträger) oder bis zu drei (Fahrradhülle) Fahrräder mitgenommen werden (max. 20kg). Falträder werden im Gepäckraum aufbewahrt. Es können jedoch keine E-Bikes befördert werden! Für jede Fahrt werden für das Fahrrad 9€ verrechnet. Auf der Website kann direkt bei der Fahrtsuche die Option mit Fahrrad (unter “Fahrgäste/ Fahrräder”) ausgewählt werden. Je nach Verfügbarkeit der Radplätze werden die Ergebnisse angezeigt. 
Tab. 1: Übersicht über die verschiedenen Regeln im Fernverkehr in Österreich.

So rockst du die Radmitnahme, egal wo!

Um deinen Urlaub mit Rad und Öffis aufs Vollste auskosten zu können, haben wir noch ein paar Tipps aus der Praxis für dich:

  1. Rechtzeitig planen und buchen: Besonders zu Ferienzeiten können die verfügbaren Radplätze ausgebucht sein. Eine frühzeitige Planung ist daher von Vorteil!
  2. Radfahren! Es gibt keine geeignete Verbindung zu deinem Zielpunkt? Zum Glück hast du die Last-Mile-Solution schon dabei! Warum nicht die Gelegenheit nutzen und zu dem Bahnhof radeln, der die unkomplizierteste Verbindung hat, auch wenn es einen halben oder ganzen Tag dauert? 
  3. Umsteigezeiten anpassen & nutzen: Zugverspätungen sind in einigen Ländern keine Seltenheit, und mit dem Rad könnte eine Ersatzverbindung etwas komplizierter werden. Da das Umsteigen mit dem Rad ohnehin etwas länger dauern kann, lohnt es sich oftmals, die Umsteigezeit auf mindestens eine halbe Stunde zu erhöhen. Das führt dazu, dass du einen mehrstündigen Aufenthalt hast? Super, mit dem Rad lässt sich jede neue Stadt in dieser Zeit erkunden! Oft entdeckt man so neue Orte, die man sonst gar nicht auf dem Schirm gehabt hätte. Wer z.B. in Kiel auf die Fähre wartet, kann in der Zwischenzeit über flowige Waldwege zum Strand radeln und dort ein Eis essen.
  4. Das “Handgepäck” im Zug: Manchmal kann es passieren, dass das Rad im Zug einen unzugänglichen oder vom Sitzplatz entfernten Platz hat. Wer sich vorm Einsteigen ein kleines Handgepäck mit den wichtigsten Dingen packt, ist im Zug bestens versorgt und kann den Rest des schwerfälligen Gepäcks beim Fahrrad lassen.
  5. Chillen, schlafen, stehen, Yoga machen, planen, lesen, essen, aus dem Fenster schauen: Worauf immer du gerade Lust hast – im Gegensatz zum Flugzeug oder Auto bist du im Zug recht flexibel mit dem, was du tust, denn du kannst dich dort frei bewegen, musst dich nicht auf die Route konzentrieren oder Ausschau nach der nächsten Raststätte halten, und meistens gibt es Tische und Steckdosen an jedem Platz. Also, starte dein Urlaubsgefühl schon auf dem Weg zum Ziel 🙂 
  6. Angebote im Zug oder Bus nutzen: Egal ob Klo, Kaffee, Wifi, oder Onboard-Entertainment – viele Fernzüge und -busse sind mittlerweile bestens mit diesen Annehmlichkeiten ausgestattet. Auch ein Blick auf die Speisekarte des Bordrestaurants lohnt sich manchmal, denn viele Zuglinien bieten leckere Gerichte – auch vegan und bio – an. Im Restaurant zu sitzen oder zu stehen kann außerdem eine nette Abwechslung zum Sitzplatz sein.
  7. Rad-Gemeinschaft erleben: Oftmals bist du nicht die einzige Person im Zug oder Bus mit einem Fahrrad. Gemeinsam könnt ihr euch z.B. dabei helfen, die Räder in den Zug zu heben und passend abzustellen. Manchmal kann man sich im Zug auch Tipps oder Inspirationen zu Routen, Wegen, oder Unterkünften holen, oder eigene Erfahrungen weitergeben.
Schönen Sommer und gute Reise!
© Verena Engel

Quellenverzeichnis 

Titelbild © Verena Engel

Author: Moritz Thomaser