Greenwashing und was die COP27 damit zu tun hat

Begriffe wie nachhaltig, bio, recycelt, natürlich oder klimafreundlich prägen unsere Welt – egal ob bei Schlagzeilen in der Politik oder bei Produkten des täglichen Einkaufs. Aber was steckt dahinter und was sind Kriterien, um solche Begriffe verwenden zu dürfen? Spoiler: Es gibt keine einheitlichen Anforderungen. Im folgenden Artikel findet ihr eine kurze, einfache Erklärung für Greenwashing und was das Ganze mit der anstehenden Weltklimakonferenz zu tun hat.

Im Allgemeinen werden Begriffe wie Nachhaltigkeit oder klimafreundlich immer öfter missbraucht und nicht entsprechend ihrer ursprünglichen Definition verwendet. Kaum eine Werbekampagne – egal ob für Reisen, Kleidung, Kosmetik, Finanzprodukte oder Nahrungsmittel – verzichtet auf diese Schlagwörter, um ein gutes Image zu suggerieren und den Werten der Kund:innen gerecht zu werden sowie um einen höheren Preis verlangen zu können. 

Beispielsweise arbeitet ein Unternehmen, das seit Jahrzehnten Fast Fashion produziert, nun an einer Kollektion mit recycelten Materialien und bewirbt diese als nachhaltig. Der Großteil der Produktion bleibt jedoch gleich, die Werbekampagne für diese neue Kollektion suggeriert aber nach außen hin, es wäre jetzt ein umweltfreundliches Unternehmen. Das bezeichnet man im Allgemeinen als Greenwashing. Der Begriff Greenwashing als solcher lässt sich sehr einfach erklären, und zwar beschreibt es „Verhaltensweisen oder Aktivitäten, die den Eindruck erwecken, dass ein Unternehmen mehr für den Umweltschutz tut, als es tatsächlich tut.“ (Cambridge Dictionary)

Fehlende Kriterien, fragwürdige Labels

Die Problematik dahinter ist, dass es (noch) keine klaren, einheitlichen Kriterien und Standards gibt, ab wann ein Produkt oder ein ganzes Unternehmen als nachhaltig etc. bezeichnet werden darf, da dies auch nicht immer so einfach zu kontrollieren ist. Nachhaltigkeit beruht auf drei Säulen: ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Bei Greenwashing liegt der Fokus meist auf der ökologischen Nachhaltigkeit, die beschönigt wird. Einzelne Labels und Gütesiegel, wie beispielsweise die GOTS-Zertifizierung bei Kleidung, überprüfen diese Nachhaltigkeitsstandards. Aber auch hier gibt es zahlreiche „erfundene Labels”, die mittels sehr niedrigen Standards Greenwashing erleichtern. Durch die Vielzahl an Zertifizierungen ist es oftmals schwer, einen Überblick zu bewahren. Grundsätzlich kann man sagen, je transparenter Unternehmen über ihre Produktionsstätten, Materialien, Kostenaufstellungen etc. kommunizieren, desto wahrscheinlicher halten sie Standards ein.

Wie viel Greenwashing am Markt betrieben wird, ist schwer abzuschätzen. In einem Screening der Europäischen Kommission und nationalen Verbraucherschutzbehörden im Jahr 2021 kam heraus, dass über die Hälfte der untersuchten Unternehmen nicht nachweisen konnte, warum ihr Produkt nachhaltig ist.

Europäische Kommission, 2021

Nachteilig wirkt sich Greenwashing nicht nur auf Verbraucher:innen, sondern auch für Unternehmen aus, die wirklich auf Qualitätsstandards setzen und deshalb vielleicht höhere Preise verlangen und dadurch einem unfairen Wettbewerb unterliegen. Langfristig kann der aktuelle Nachteil zum Vorteil dieser Unternehmen werden. Neben unfairem Wettbewerb handelt es sich bei Greenwashing auch um Irreführung und Täuschung von Verbraucher:innen, was grundsätzlich bestraft wird. Jedoch wird derzeit eher in großen Einzelfällen geklagt und es gibt noch keine einheitliche Lösung. 

Ein aktuelles Beispiel für eine Klage gegen Greenwashing kommt mit Deutschlands größter Fondsgesellschaft DWS aus der Finanzbranche – eine der am stärksten von Greenwashing betroffenen Branchen – welche irreführend für nachhaltige Geldprodukte geworben hat. Das Versprechen der Gesellschaft war es, kein Geld in die Kohle- oder Rüstungsindustrie zu investieren. Tatsächlich dürfen die Fonds des Unternehmens aber bis zu 14,99 Prozent des Umsatzes in der Kohleindustrie erwirtschaften, was jedoch von der Bank verschwiegen wurde (Die Presse, 2022). Mehr zum Thema nachhaltiges Investment und Informationen dazu, was mit deinem Geld auf der Bank passiert, findest du in unserer Divest the Dirt Kampagne zur COP26 vom letzten Jahr.

Das Wort Greenwashing ist in den vergangenen Monaten oftmals in Zusammenhang mit der neuen EU-Taxonomie-Verordnung aufgetreten, die besagt, dass Atomenergie und Gas unter bestimmten Umständen als klimafreundlich gelten. Der Gedanke hinter dieser Verordnung ist, Anleger:innen, Unternehmen und politischen Entscheidungsträger:innen ein Klassifizierungsschema für die Einordnung nachhaltiger Energieträger und Finanzprodukte zu geben und somit Greenwashing – wie im aktuellen Fall bei der DWS Fondsgesellschaft – zu unterbinden. 

In der Verordnung wurde aber genau das Gegenteil umgesetzt: Gas wurde als grün eingestuft, weil es harmloser ist als Kohle und Kernenergie wurde als grüner Energieträger eingestuft, da dadurch keine direkten Treibhausgase verursacht werden. Grund dafür sind zahlreiche Interessenvertretungen aus den profitierenden Branchen. Der Staat Österreich hat gemeinsam mit zahlreichen NGOs wie Greenpeace eine Klage gegen diese Entscheidung beim Europäischen Gerichtshof eingereicht, da dadurch keine echte Energiewende gelingen kann (Anlar, 2022).

UN Klimakonferenz

Was die COP27 mit Greenwashing zu tun hat

Zwischen 6. und 18. November 2022 findet die 27. Weltklimakonferenz (COP27) der Vereinten Nationen (UN) in Sharm el-Sheikh, Ägypten, statt. Jährlich treffen sich die Staats- und Regierungschef:innen der über 190 UN-Mitgliedsstaaten, um über Lösungen für die Klimakrise zu diskutieren. Daneben sind auch tausende Vertreter:innen von zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen vor Ort, um ihre Interessen zu vertreten. Alljährlich ist die Konferenz wegen ihrer Sponsoren und ihrem tatsächlichen Einfluss auf die Klimapolitik umstritten. In der Vergangenheit haben Unternehmen wie BMW, Facebook oder Unilever die Konferenz gesponsert. Heuer ist Coca-Cola, einer der größten Verursacher von Plastikmüll weltweit, der Hauptsponsor (Posner, 2022).

Die diesjährige Konferenz ist nicht nur aufgrund von Sponsoren umstritten, auch der Austragungsort sorgt für Kritik. Der aktuelle Präsident Ägyptens und sein Regime sind für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Seit 2014 und dem Amtsantritt von Präsident Abdel Fattah al-Sisi wurden laut Menschenrechtsorganisationen über 60.000 Personen aufgrund politischer Motive inhaftiert, darunter zahlreiche Journalist:innen, Menschenrechtsaktivist:innen sowie Umweltaktivist:innen und dennoch wird die Konferenz weltweit von Regierungen unterstützt (Klein, 2022). Für alle, die mehr über die COP27 und die Geschehnisse im Hintergrund erfahren wollen, ist dieser Artikel des Guardian sehr zu empfehlen.

Fazit

Jede:r von uns beginnt klein. Für große Unternehmen stecken lange Prozesse dahinter, um Systeme langfristig, ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltig umzustellen. Das ist völlig normal und niemand erwartet von heute auf morgen Perfektion, aber genau das muss auch so kommuniziert werden – Fortschritt statt Perfektion. Wir als Konsument:innen können entscheiden, was wir kaufen, wo wir unser Geld anlegen und welche Unternehmen wir unterstützen.

Was die COP oder eine EU-Taxonomie-Verordnung betrifft, ist es natürlich nicht so einfach zu handeln. Als einzelne Personen können wir uns informieren und Hintergrundberichte lesen, kritisch sein, darüber reden, unser Wahlrecht in Anspruch nehmen und Druck auf die lokale Politik ausüben.

Referenzen

Anlar, S. (2022) EU Taxonomy: The Dirty Politics of Greenwashing Energy, Green European Journal, 13.07.2022, Letzter Zugriff: 28.10.2022

Cambridge University Press & Assessment, Letzter Zugriff: 26.10.2022

Die Presse (2022) Greenwashing-Klage gegen DWS eingereicht, Die Presse, 30.10.2022, Letzter Zugriff: 01.11.2022

Europäische Union (2021) Screening of websites for ‘greenwashing‘: half of green claims lack evidence, 28.01.2021, Letzter Zugriff: 01.11.2022

Klein, N. (2022) Greenwashing a police state: the truth behind Egypt’s Cop27 masquerade,  Guardian News & Media Limited, 18.11.2022, Letzter Zugriff: 01.11.2022

Posner, M. (2022) At COP 27 In Egypt, Climate Accountability Will Be Challenging, Forbes Magazine, 21.10.2022, Letzter Zugriff: 26.10.2022

Headerfoto COP26: Kiara Worth

Author: Sophie Hofbauer